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„Wer Assad nicht nützt, ist ein Feind“
Er kämpft für Freiheit und Menschenrechte in Syrien und kritisiert die Kriegsverbrechen von Regierung wie Opposition. Jetzt wurde der Jesuit Paolo Dall’Oglio dem Regime zu gefährlich.
Schon in Heft 1/2010 hat „kontinente“ über Paolo Dall’Oglio berichtet. Unsere Reportage „Das Taizé des Orients“ schilderte, wie der italienische Jesuit das jahrhundertealte Wüstenkloster „Mar Musa“ wiederbelebt und zu einem Ort der Begegnung für Christen und Muslime aus aller Welt gemacht hat. Dall’Oglio, der seit 1982 in Syrien lebte, musste wegen seiner offenen Regimekritik fliehen und ist seitdem ein international gefragter Interviewpartner.
© Schwarzbach
Pater Paolo, wann und wie wurden Sie aus Syrien ausgewiesen?
Paolo Dall'Oglio: Am 16. Juni. Mein Bischof hatte mir mit geteilt, ich solle gehen. Wahrscheinlich war er durch die Regierung unter Druck gesetzt worden. Der Grund: Ich hatte mich für Demokratie und Menschenrechte eingesetzt, für einen Wandel in Syrien, möglichst ohne Gewalt.
Mögen es die Orientalen nicht, wenn ein Ausländer ihr Land kritisiert?
Paolo Dall’Oglio: Ich hatte 30 Jahre in Syrien gelebt. Aber ich war einer von denen, die ihren Willen frei zum Ausdruck bringen. Zuerst gab es eine Art Deal, dass ich „einen Gang runterschalten“ solle.
Aber dabei blieb es nicht?
Paolo Dall’Oglio: Dann forderten die Initiativen der Arabischen Liga und von Kofi Annan, dass die Regierung das Recht der Menschen auf Meinungsfreiheit respektieren solle. Doch die Appelle wurden überhaupt nicht respektiert. Ich sagte, was gesagt werden musste: Dass das Kämpfen aufhören und es einen echten Wandel geben müsse.
War das der Grund für Ihre Ausweisung?
Paolo Dall’Oglio: Sie haben mich als Gefahr betrachtet. Denn ich war immer für Transparenz und gegen Korruption. Ich habe mich für den islamisch-christlichen Dialog eingesetzt. Ich war dem Regime nicht nützlich. Aber wenn man nicht benutzt werden kann, ist man ein Feind.
Stimmt es, dass Sie überfallen wurden?
Paolo Dall’Oglio: Am 22. Februar kamen 30 bewaffnete, maskierte Männer ins Kloster, um nach Waffen zu suchen – und nach Father Paolo. Aber ich war nicht da. Das Ganze wiederholte sich zwei Mal. Wir wissen nicht, was es für einen Sinn haben sollte. Aber wir hatten Angst.
Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation?
Paolo Dall’Oglio: Eine Version besagt: Es gibt keine Revolution, sondern Islamisten wollen das Land zerstören und die Christen töten. Diese Haltung ist sogar bei Bischöfen anzutreffen. Aber der Wunsch vieler Menschen ist, diesem System, also der Diktatur, der Korruption ein Ende zu bereiten.
Gibt es eine Chance, dass alle Religionen in Syrien friedlich zusammenleben?
Paolo Dall’Oglio: So war es jahrhundertelang, das war nicht Assads Verdienst. Es ist das wahre Wesen unserer Gesellschaft.
Was ist mit dem Kloster Mar Musa passiert?
Paolo Dall’Oglio: Die anderen leben weiter dort, arbeiten, empfangen Menschen und trösten sie. Aber sie bekommen nur noch Besuch aus der Umgebung. Im November bin ich in Sulaymaniye in Kurdistan. Wir gründen dort eine neue Gemeinschaft. Ich werde da meine Basis haben, bis ich nach Syrien zurückkehren kann.
Das Interview führte Beatrix Gramlich.
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