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Schluss mit Ho­fie­ren von Dik­ta­to­ren!

As­fa-Wos­sen As­se­ra­te, der Großn­ef­fe des letz­ten äthio­pi­schen Kai­sers, for­dert an­ge­sichts der Mas­sen­flucht
aus Afri­ka ei­ne Po­li­tik, die Ent­wick­lungs­hil­fe an Rechts­staat­lich­keit und gu­te Re­gie­rungs­füh­rung knüpft.

In­ter­view: Bea­trix Gram­lich; Fo­to: KNA-Bild

Herr Dr. As­se­ra­te, Ihr jüngs­tes Buch trägt den Ti­tel „Die neue Völ­ker­wan­de­rung“. Warum ver­las­sen so vie­le Afri­ka­ner ih­re Hei­mat?
Es gibt Um­welt­flücht­lin­ge, es gibt Men­schen, die aus po­li­ti­schen Grün­den flie­hen. Es gibt die Be­völ­ke­rungs­ex­p­lo­si­on. Und es gibt Men­schen, die aus wirt­schaft­li­chen Grün­den ver­su­chen, an­ders­wo ein bes­se­res Le­ben zu füh­ren. Aber die über­wie­gen­de Mehr­heit flieht, weil sie in ih­ren Län­dern kein men­schen­wür­di­ges Le­ben füh­ren kann.

Was war der An­lass für Ihr Buch?
Nach 35 Jah­ren die voll­kom­me­ne Wut über Eu­ro­pas Afri­ka­po­li­tik, die sich im­mer noch nicht ge­än­dert hat. Schon in den 1970er-Jah­ren gab es War­nun­gen – vor al­lem von Wil­ly Brandt, der da­mals Prä­si­dent des Nord-Süd-Dia­lo­ges war, oder vom „Club of Ro­me“. Die­se In­sti­tu­tio­nen ha­ben ge­nau das pro­phe­zeit, was heu­te ge­schieht. Aber Eu­ro­pa hat sich in Afri­ka lan­ge mit ei­ner Ap­pea­se­ment-Po­li­tik, ei­ner Po­li­tik der Zu­rück­hal­tung, zu­frie­den­ge­ge­ben, die Ge­walt­herr­scher auf Hän­den trägt und sie mit Mil­li­ar­den­hil­fen be­güns­tigt.

Wie kann das sein?
Wäh­rend des Kal­ten Krie­ges hieß es: „Er ist we­nigs­tens kein Kom­mu­nist.“ Heu­te heißt es: „Er ist we­nigs­tens ein Al­li­ier­ter im Kampf ge­gen den Ter­r­o­ris­mus.“ So­lan­ge die Eu­ro­päer mit die­sen Ge­walt­herr­schern Ge­schäf­te ma­chen, scheint es ih­nen egal, was Afri­kas Dik­ta­to­ren ih­rem ei­ge­nen Volk an­tun. Ge­walt­herr­scher sind die größ­ten Ex­porteu­re von Mi­gran­ten in der Welt. Ih­ret­we­gen ver­las­sen die meis­ten Men­schen ih­re Hei­mat, ih­re Fa­mi­lie.

Ha­ben die Mi­gran­ten ein idea­li­sier­tes Bild von Eu­ro­pa?
Die­se Leu­te kom­men nicht, weil sie mei­nen, dass die Eu­ro­päer in Pa­läs­ten le­ben. Sie wis­sen von ih­ren Lands­leu­ten, die zu­rück­ge­schickt wur­den, wie ein Flücht­lings­heim in Deut­sch­land aus­sieht. Dass die At­mo­sphä­re in der deut­schen Ge­sell­schaft mit­nich­ten da­zu prä­d­es­ti­niert ist, ei­ne Will­kom­mens­kul­tur auf­recht­zu­er­hal­ten. Warum sie trotz­dem kom­men? Weil die­ses Asy­lan­ten­heim ge­ra­de­zu pa­ra­die­sisch für ei­nen Afri­ka­ner ist. Ge­hen Sie in die Sl­ums in sei­ner Hei­mat! Dann ver­ste­hen Sie, in wel­chen ka­tastro­pha­len Ver­hält­nis­sen die Men­schen dort le­ben.

Wer sind die Men­schen, die Afri­ka ver­las­sen? Fach­leu­te sp­re­chen von „Brain Drain”, vom Exo­dus der gut aus­ge­bil­de­ten Mit­tel­schicht.
Es gibt ei­ne gan­ze Ge­ne­ra­ti­on von Ju­gend­li­chen, die die­se sch­lim­me Rei­se auf sich neh­men, weil das Le­ben in ih­rer Hei­mat un­er­träg­lich ist. Zum größ­ten Teil ist es die un­te­re Mit­tel­schicht, in der die Fa­mi­li­en Geld sam­meln und sa­gen: „Du gehst! Und dann ret­test du uns, in­dem du uns das Geld schickst, das du dort ver­di­enst.“

Wie kann Eu­ro­pa die jun­ge­n­A­fri­ka­ner von der Flucht ab­hal­ten?
In vie­len afri­ka­ni­schen Län­dern ha­ben wir über 50 bis 60 Pro­zent Ar­beits­lo­sig­keit, ge­ra­de bei den Ju­gend­li­chen. Von 1,2 Mil­li­ar­den Afri­ka­nern sind mehr als 85 Pro­zent jün­ger als 25 Jah­re. Wenn wir ei­ne ech­te Lö­sung wol­len, müs­sen wir in den nächs­ten zehn Jah­ren jähr­lich 20 Mil­lio­nen neue Jobs in Afri­ka schaf­fen und die Ap­pea­se­ment-Po­li­tik Eu­ro­pas ra­di­kal stop­pen. Sonst wer­den Mil­lio­nen Afri­ka­ner mit den Fü­ß­en ab­stim­men und nach Eu­ro­pa kom­men.

Afri­kas Staats­chefs schei­nen sich hin­ge­gen we­nig für den Exo­dus ih­rer Lands­leu­te zu in­ter­es­sie­ren.
Sie ver­die­nen doch Mil­li­ar­den an de­ren Rück­über­wei­sun­gen! Au­ßer­dem ist es be­qu­em, wenn die jun­gen Men­schen, die im­mer meu­tern und ih­re Rech­te ein­for­dern, das Land ver­las­sen.

Was muss sich än­dern?
Wirt­schaft­li­ches Wachs­tum ist oh­ne po­li­ti­sches Wachs­tum nicht zu ha­ben. Wir müs­sen Ent­wick­lungs­zu­sam­men­ar­beit an „Good Go­ver­nan­ce“, al­so an gu­te Re­gie­rungs­füh­rung, kop­peln. Und wir brau­chen ei­ne ge­mein­sa­me eu­ro­päi­sche Afri­ka­po­li­tik. Das ist die Ant­wort auf die Mas­sen­flucht aus Afri­ka.

Sind un­se­re de­mo­k­ra­ti­schen Wer­te über­haupt auf Afri­ka über­trag­bar?
Ich sp­re­che nicht von De­mo­k­ra­tie, ich sp­re­che von Rechts­staat­lich­keit, Men­schen­rech­ten und Ge­wal­ten­tei­lung. Das sind uni­ver­sel­le Wer­te, die es schon in ural­ten afri­ka­ni­schen Ge­sell­schaf­ten gab. Tun Sie bit­te nicht so, als ob das ei­ne eu­ro­päi­sche Sa­che wä­re! Mit ih­rer Agen­da 2063 hat die Afri­ka­ni­sche Uni­on ei­ne Vi­si­on und ei­nen Ak­ti­ons­plan für ein wohl­ha­ben­des, ve­r­ein­tes Afri­ka auf der Grund­la­ge ge­mein­sa­mer Wer­te­vor­ge­legt. Da brau­chen die Eu­ro­päer nur zu sa­gen: Wir sind auf eu­rer Sei­te!

Wel­che Rol­le spielt die Kir­che für die Ent­wick­lung in Afri­ka?
Die Kir­chen – evan­ge­li­sche und ka­tho­li­sche – ha­ben ei­ne we­sent­li­che Rol­le da­bei ge­spielt, dass in den letz­ten 45 Jah­ren nicht Mil­lio­nen Afri­ka­ner den Hun­ger­tod ge­s­tor­ben sind, und ha­ben in Sa­chen Bil­dung Wun­der be­wirkt.

Oft ver­hin­dern eth­ni­sche Kon­f­lik­te Ent­wick­lung. Fehlt den Afri­ka­nern der Ge­mein­sinn?
Die Grün­dungs­vä­ter der afri­ka­ni­schen Staa­ten wuss­ten, dass die von den Ko­lo­nial­mäch­ten ge­zo­ge­nen Gren­zen fal­sche, künst­li­che Gren­zen wa­ren. Aber sie wuss­ten auch, dass die größ­te Ge­fahr für Afri­ka der Tri­ba­lis­mus ist. Des­halb ha­ben sie die Ko­lo­nial­g­ren­zen ak­zep­tiert – in der Hoff­nung, dass sie ei­nen na­tio­na­len Ge­dan­ken und da­mit ein na­tio­na­les Zu­sam­men­ge­hö­rig­keits­ge­fühl schaf­fen könn­ten. Heu­te, 50 Jah­re spä­ter, sind wir ganz wo­an­ders.

Je­der denkt zu­erst an sich und den ei­ge­nen Clan.
Wir müs­sen dem Tri­ba­lis­mus den Kampf an­sa­gen und die un­ter­stüt­zen, die sich für die Ein­heit der Län­der ein­set­zen statt die­je­ni­gen, die eth­ni­sche Un­ter­schie­de nut­zen, um ih­re ei­ge­ne Macht zu sta­bi­li­sie­ren. Wir kön­nen stolz auf die afri­ka­ni­sche Viel­falt sein. Aber sie soll nicht da­zu füh­ren, dass wir wie­der zer­s­p­lit­tert wer­den. Wem nützt es, wenn Afri­ka wie­der klein wird? Wer hät­te et­was da­von, wenn wir auf ein­mal 1621 sou­ve­rä­ne un­ab­hän­gi­ge afri­ka­ni­sche Staa­ten hät­ten? Wir kom­men ja nicht mal mit 54 zu­recht!

Zu­rück zur Nach­rich­ten­über­sicht Sep­tem­ber/Ok­tober 2017




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