Stummer Schrei: Viele Demonstranten hoffen auf einen nachhaltigen Bewusstseinswandel.
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Indien
Aufschrei gegen die Gewalt
20.03.2013 - Die brutale Vergewaltigung einer Studentin mit Todesfolge hat weltweit Entsetzen ausgelöst. Misshandlungen von Frauen sind alltäglich und zeigen sich in vielen Formen. Angeprangert werden häusliche Gewalt, Vergewaltigungen, Mitgiftmorde und Abtreibung weiblicher Föten.
In Indien beginnt die Gewalt gegen Frauen oftmals im Mutterleib: Werdende Eltern lassen mit Ultraschall eine Geschlechterbestimmung beim Fötus vornehmen und anschließend den weiblichen Nachwuchs abtreiben. Mädchen werden diskriminiert, weil die Eltern die Mitgiftzahlungen fürchten, die bei der Hochzeit vom Brautvater an die Familie des Ehemannes zu zahlen sind. Besonders groß ist das Risiko in den Familien, in denen bereits eine oder zwei Töchter geboren wurden und die Eltern sich zu weiteren Brautpreiszahlungen außerstande sehen. Die indische Ordensschwester Dona Sanctis B.S. beklagt, „dass die Familie, die dem Baby Sicherheit und Schutz geben soll, zu einem Ort der Gewalt gegen das Leben wird.“
Auf die Geburt von 1000 Jungen kamen im Jahr 2011 landesweit nur 914 Geburten von Mädchen. Große regionale Unterschiede allerdings machen deutlich, dass religiöse und wirtschaftliche Gründe die Abtreibung von Mädchen stark beeinflussen. Schätzungen gehen von 15 Millionen abgetriebenen weibliche Föten in den letzten zehn Jahren. Die Kultur des Brautpreises kostet nicht nur das Leben Tausender Ungeborener, sondern auch für junge Mädchen und Ehefrauen wird es lebensbedrohlich: Offiziell wurden in 2011 insgesamt 8600 Todesfälle als Mitgiftmorde gewertet. Frauen werden verstoßen, misshandelt oder sogar getötet, wenn ihre Familien die Forderungen nach Brautpreisen nicht erfüllen. Frauen, die in Armut leben und den untersten Kasten entstammen oder zu den kastenlosen Dalits gehören, haben häufiger Menschenrechtsverletzungen zu ertragen als gebildete Frauen mit gesichertem finanziellen Hintergrund, so die Einschätzung von Schwester Ann Moyalan S.C.N. aus Delhi. „Sexuelle Gewalt ist in Indien so verbreitet, dass die Öffentlichkeit gegenüber solch einer Gewalt immun geworden ist“, beklagt die Ordensfrau. Vertreter der katholischen Kirche in Indien fordern nun werteorientierten Sexualkundeunterricht an Schulen, der den Respekt vor dem Körper und der Würde jedes Menschen sowie der Heiligkeit des Lebens vermittelt. (jr)
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