Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel Die Seiten Ihrer Ordensgemeinschaft in kontinente 05-2016 Botschafter für die Eine Welt Im Juli hat Generaloberin Schwester Maria Thoma Dikow 27 junge Leute als Missionare auf Zeit (MaZ) nach Bolivien, Brasilien, Mosambik und Rumänien ausgesandt. Die Nachfrage nach diesem internationalen Freiwilligendienst war größer als die Anzahl der Freiwilligenplätze bei den Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel. Es ist ein gutes und hoffnungsvolles Zeichen, dass junge Menschen bereit sind, sich für sechs oder zwölf Monate in den Dienst für benachteiligte Menschen zu stellen. Und die Nachfrage ist auch bei anderen Ordensgemeinschaften groß. Es ist nicht nur der Dienst am Nächsten, der dieses Engagement zu einem wertvollen Zeichen macht. Die jungen Frauen und Männer tauchen ein in eine andere Kultur, lassen sich auf einen anderen Lebensstil ein, und auch Glaube und kirchliches Leben werden auf eine ganz andere Art und Weise neu erlebt. So ist der Freiwilligendienst immer auch ein Lerndienst. Und dass ein solcher Dienst Spuren im Leben und in der Entwicklung des Einzelnen hinterlässt, zeigen uns die zahlreichen Rückmeldungen der Freiwilligen – selbst Jahre später. Bei der Aussendungsfeier im Bergkloster Heiligenstadt bringen die jungen Menschen ihre Motivation im Botschafterlied zum Ausdruck, in dem es heißt: „Durch unser Handeln ein Zeichen setzen, Werte als Verbindung schätzen und so die eine Welt neu beleben, in der Gäste sind ein Segen“. Auch in Zukunft brauchen wir solch motivierte junge Erwachsene, dann bleibt die Botschaft nicht nur ein Traum. Winfried Meilwes Referent der Missionszentrale Nach ihrem Aussendungsgottesdienst lassen die Missionarinnen und Missionare auf Zeit Ballons in den Himmel steigen. Bald starten sie selbst. Foto: SMMP/Ulrich Bock Schwestern der hl. Maria Magdalena Postel 5-2016 I Pauline Thiele geht in das Seniorenheim Recanto Placida nach Leme in Brasilien. Wie alle MaZ erhält sie bei der Aussendung von Genaraloberin Sr. Maria Thoma Dikow ein Kreuz aus Olivenholz. Keine Entwicklungshelfer, sondern Lernende Für das Einsatzjahr 2016/2017 haben die Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel 27 Missionarinnen und Missionare auf Zeit auf einen Auslandseinsatz in Bolivien, Brasilien, Rumänien und Mosambik vorbereitet. So viele waren es noch nie. Bei der Entsendung im Bergkloster Heiligenstadt dankte Generaloberin Schwester Maria Thoma Dikow ihnen für ihr Vertrauen und sagte: „Gott wird jede und jeden von Ihnen brauchen, um die Welt ein wenig besser zu gestalten.“ Warum es im Herbst 2015 so viele Anfragen gab, dass sogar mehrere Bewerberinnen und Bewerber nicht angenommen werden konnten, wissen die Verantwortlichen des MaZTeams nicht genau. Einen Grund sehen Schwester Maria Dolores Bilo, Schwester Theresita Maria Müller und Birgit Bagaric darin, dass auch an den ordenseigenen Schulen oft auf das Angebot hingewiesen wurde: durch die Lehrer, bei Vorträgen, über Plakate und Infokarten. Aus diesem Bereich kamen mehr Bewerbungen als sonst. Vor allem aber sind viele Bewerberinnen und Bewerber über das Internet darauf aufmerksam geworden. „Auf der Seite des Bundesprogramms weltwärts, über das auch unser Angebot finanziell gefördert wird, waren wir über mehrere Artikel gut zu finden.“ Und schließlich haben die MaZ, die jetzt im Einsatz waren, über ihre eigenen Blogs und in sozialen Netzwerken wie Facebook viel Werbung gemacht. So wurde der Rückgang der Anfragen, der in den vergangenen Jahren aufgrund des demografischen Wandels und der weggefallenen Wehrpflicht – für die das Auslandsjahr ein anerkannter Ersatzdienst war – auf erstaunliche Weise kompensiert. Auch Charlotte Erbach aus Landau im Süden von Rheinland-Pfalz, wo keine Einrichtungen und Konvente der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel in der Nähe sind, hat das MaZ-Angebot der Ordensgemeinschaft über „weltwärts“ aufgespürt. Sie verbringt ihren Auslandseinsatz zusammen mit Pauline Thiele, deren Schwester vor acht Jahren als Missionarin auf Zeit in Brasilien war, im brasilianischen Leme. Die beiden sollen erst einmal im Seniorenheim Recanto Placida der Ordensgemeinschaft mitarbeiten und später am Stadtrand bei der Straßen- » In eine ganz andere Welt einzutauchen ist das Coolste. Klaus Tönnies. Missionar auf Zeit sozialarbeit helfen. Es werden wohl völlig unterschiedliche Welten sein, die die beiden dort kennenlernen, aber gerade die Vielseitigkeit der Aufgaben ist es, die sie reizt. Clara Antoci aus Groß-Gerau bei Frankfurt hat dagegen gezielt nach einem Freiwilligeneinsatz in Rumänien gesucht: „Mein Vater stammt von dort. Deshalb will ich meine Verbindung zu diesem Land gerne stärken.“ In Schineni wird sie in dem Kinderheim der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel mitarbeiten. Manche der 17- bis 20-Jährigen haben auch schon einen Auslandseinsatz hinter sich. Clara Nathrath etwa war schon einmal für ein halbes Jahr in Argentinien. Jetzt wird die 18-Jährige in einem Heim für sexuell missbrauchte Mädchen in Santa Cruz in Bolivien mitarbeiten: „Dort will ich auch mein Selbstbewusstsein weiterentwickeln und globale Entwicklungen besser verstehen lernen.“ II Schwestern der hl. Maria Magdalena Postel 5-2016 Klaus Tönnies hatte in Luanda in Angola schon einmal sechs Wochen lang Englisch-Unterricht gegeben. Jetzt fährt er für ein Jahr nach Metarica/Mosambik. „In eine ganz andere Welt einzutauchen, ist das Coolste“, sagt er. Später will er Management für Non-Profit studieren. Auch Anna Jasken aus Haselünne im Emsland hat schon einen Plan für danach. Sie hat vor, in die Entwicklungshilfe zu gehen, will sich bei dem Auslandseinsatz aber auch selbst besser kennenlernen: „Afrika war immer mein Ziel. Umso glücklicher bin ich, dass ich jetzt im Schulzentrum der Schwestern in Metarica mitarbeiten darf. Ob das wirklich so wird, wie ich mir das vorstelle, werde ich sehen.“ Robert Renner geht ebenfalls nach Mosambik und hegt – wie viele der MaZ – trotz aller Vorfreude Zweifel: „Komme ich da wohl mit der Kultur klar? Wie werde ich aufgenommen?“ AUSSENDUNGSFEIER: Eine Ballonfahrt in die weite Welt Unter dem Motto einer „Ballonfahrt“ gestalteten die 27 Missionarinnen und Missionare auf Zeit am 9. Juli im Bergkloster Heiligenstadt ihre Aussendungsfeier. Sie wollen sich dem Wind überlassen und flexibel sein für das, was auf sie zukommt. Pfarrer Bernd Kucklick, Rektor des Bergklosters in Heiligenstadt, riet den Missionarinnen und Missionaren auf Zeit in seiner Ansprache, während dieser Fahrt auf Gott zu vertrauen: „Denn man muss den Ballon aus seiner Verankerung lösen und bereit sein, sich dem Luftstrom zu überlassen. Dabei erwarten Sie wunderbare Augenblicke, aber auch Turbulenzen.“ Er dankte den Missionarinnen und Missionaren auf Zeit, dass sie sich darauf einlassen: „Das erfordert Offenheit, Beweglichkeit und Vertrauen. Auch Vertrauen in Gott, der sagt: ‚Ich bin bei Euch alle Tage‘.“ Generaloberin Schwester Maria Thoma Dikow sagte den 17- bis 20-Jährigen, von denen die meisten gerade das Abitur in der Tasche haben, vor dem Segen in der Klosterkirche: „Sie gehen weg, um ganz bei sich selbst anzukommen. Sie wollen für sich herausfinden, wo ihre Zukunft liegen könnte und von welchen inneren Werten Sie sich leiten lassen wollen.“ Gemeinsam mit Schwester Maria Dolores und Birgit Bagaric überreichte sie den Missionarinnen und Missionaren ein Kreuz aus Olivenholz mit vielen Schattierungen, „das für die hellen und die dunklen Tage während dieser Zeit steht“, die wichtigsten Gebete in den verschiedenen Landessprachen und eine Karte des Schwesternkonventes, der sie während des kommenden Jahres besonders im Gebet begleiten wird. So hat jede und jeder von ihnen einen Patenkonvent. Stellvertretend für alle 27 Freiwilligen trug Johanna Wrede, die ihren Auslandseinsatz in dem Erziehungszentrum in der brasilianischen Stadt Pomerode absolvieren wird, in dem Gottesdienst ein Gebet mit den Wünschen und Hoffnungen für das kommende Jahr vor: „Gott sendet mich in diese Zeit für diese Menschen. Ich kann diese Zeit nutzen oder vergeuden, doch was ich in dieser Zeit schaffe, ist wichtig, weil ich dafür einige Monate, ein Jahr meines Lebens hergebe. Das, was bleibt, ist das, was ich geschaffen habe. Ich möchte damit etwas gewinnen, nicht verlieren.“ Und dann, zum Abschluss der stimmungsvollen Feier, stiegen die Ballons in den Himmel. >Galerie unter www.smmp.de Intensive Vorbereitung All diese Fragen stehen auch im Blickpunkt der intensiven Vorbereitung auf das Auslandsjahr. Seit November 2015 haben sich die 27 jungen Erwachsenen mehrfach für mehrere Tage getroffen. Dabei haben Schwester Theresita Maria und Birgit Bagaric die Gruppe pädagogisch auf die Herausforderungen vorbereitet. Schwester Theresita Maria formuliert das übergeordnete Ziel dieses Dienstes so: „Die jungen Erwachsenen sollen helfen, Brücken zwischen den Kulturen und Kontinenten zu bauen. Dabei sind sie keine Entwicklungshelfer, sondern Lernende. Sie fördern ihre eigenen Kompetenzen – auch die zum interkulturellen Dialog. Und sie sollen globale Zusammenhänge besser verstehen“. Eine wichtige Aufgabe der Vorbereitung sieht sie darin, dass die MaZ ihr Rollenbild klar haben, bevor sie die Reise ins Ausland antreten. Auch im Juli lagen schon wieder mehrere Bewerbungen und Anfragen beim MaZ-Team vor. Wer Interesse an dem Freiwilligendienst hat, kann sich über die Internetseite informieren. >missionare-auf-zeit.de » Komme ich da wohl mit der Kultur klar? Wie werde ich aufgenommen? Robert Renner, Missionar auf Zeit Die 27 Missionarinnen und Missionare auf Zeit waren bei der Aussendungsfeier im Bergkloster Heiligenstadt vorerst zum letzten Mal als komplette Gruppe zusammen. Schwestern der hl. Maria Magdalena Postel 5-2016 III Auffalllend konzentriert sind die Kinder in der Casa de Ninos. Die Erzieherinnen leiten sie nach der Methodik Maria Montessoris zum spielerischen Lernen an. Konzentration im Kindergarten Bereits seit zehn Jahren arbeitet Schwester Maria Cornelia Koch in Bolivien. In Cochabamba baute sie aus einem früheren Speisesaal einen Kindergarten auf, in dem heute 170 Jungen und Mädchen nach der Methode Maria Montessoris spielen und fürs Leben lernen. Schwester Aloisia Höing und Schwester Theresia Lehmeier haben sie während ihrer Bolivienreise im Mai besucht. Beeindruckt schildert Schwester Theresia ihre Erlebnisse. Schwester Maria Cornelia hatte uns gesagt, wenn wir die Kinder bei der Arbeit sehen wollten, müssten wir an einem Werktag kommen. So machen wir uns am Dienstagmorgen auf den Weg in den Stadtteil Providencia. Wir gehen durch alle Klassen und sind unglaublich beeindruckt davon, wie wenig man davon merkt, dass im Haus 170 Kinder sind. Überall sitzen die Jungen und Mädchen an Tischen oder auf Teppichen auf dem Boden. Alle Kinder sind selbstständig mit einer Aufgabe beschäftigt. Die einen mit Farben, die anderen mit Buchstaben, wieder andere mit Zahlen. In einer Gruppe ist ein Junge dabei, Wasser in Flaschen zu gießen, ein Mädchen trennt Sand von Körnern mit Hilfe eines Siebes. Alles geht ganz ruhig über die Bühne. Die Kinder können selbst den Erfolg ihres Tuns kontrollieren. Manchmal greift die Erzieherin ein und gibt Hilfestellung. Wenn ein Kind eine Aufgabe beendet hat, räumt es sein Material ordentlich an den dafür vorgesehenen Ort und holt sich etwas Neues. Das Angebot ist unglaublich vielseitig. Ein Junge erklärt uns an- CASA DE NINOS Schon 170 Kinder 2006 hat Schwester Maria Cornelia Koch die „Casa de Niños“ (übersetzt: Kinderhaus) eröffnet. Zunächst wurden 40 Kinder aufgenommen, der Kindergarten in den Folgejahren aber weiter ausgebaut. Inzwischen hat die Einrichtung 170 Plätze – und es gibt eine lange Warteliste. Die 13 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten nach der Pädagogik Maria Montessoris. Das ganze Team hat ein Montessori-Diplom auf deutschem Niveau erworben. Schwester Maria Cornelia, die bis 2005 den Caritas-Kindergarten Arche in Meschede Heinrichsthal leitete und dann noch einmal ein ganz neues Projekt in Südamerika aufbauen wollte, hat in Bolivien gemeinsam mit Schwester Petra Stelzner selbst Montessori-Kurse organisiert. Dabei wurden 84 Lehrer und Erzieher ausgebildet, die inzwischen selbst die Gründung neun weiterer Montessori-Kindergärten und einer Montessori-Schule auf den Weg gebracht haben. „Ich sehe die einzige Chance für die Weiterentwicklung Boliviens in der Bildung der Kinder“, sagt Schwester Maria Cornelia, die 2015 ihr 50-jähriges Ordensjubiläum feierte und noch nicht an den Ruhestand denkt. Wie gut das Prinzip „Hilf mir, es selbst zu tun“ in der Casa de Niños funktioniert, sieht man daran, dass die meisten Fünfjährigen bereits lesen können. » Unglaublich! Ich glaube, mit dieser Methode hätte sogar ich Spaß an Mathematik bekommen. Sr. Theresia Lehmeier hand der Nahrungspyramide, was man essen darf und was nicht, wenn man gesund sein will. Mich beeindruckt die Konzentration, mit der die Kinder bei der Sache sind. Einige lassen sich von uns kaum stören. Andere erklären bereitwillig, was sie gerade machen. In einer Ecke sitzt ein Mädchen völlig versunken in seine Aufgabe. Es bemerkt uns gar nicht. Es hat Bilder eines Bilderbuches vor sich liegen und Zettel mit Texten. Die Texte liest die Kleine laut vor und ordnet sie den Bildern zu. In einem anderen Raum wird viel mit Zahlen gearbeitet: Da liegen riesige Zahlenreihen auf dem Boden, völlig ordentlich und systematisch, und es wird addiert und multipliziert bis in den Tausenderbereich. Und diese Kinder sind noch nicht einmal in der Schule! Unglaublich! Ich glaube, mit der Methode hätte sogar ich Spaß an Mathematik bekommen! Seit zehn Jahren arbeitet Sr. Maria Corneilia Koch bereits in Bolivien. IV Schwestern der hl. Maria Magdalena Postel 5-2016 Ein Smiley als Dankeschön 33 Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel feiern in diesem Jahr ihr persönliches Ordensjubiläum – und missionieren auch in Deutschland. Als Schwester Clementia Horstmann eine kurze SMS mit den Worten „Deo Gratias“ und einem Smiley aufs Handy bekommt, weiß sie: Ihre Nachhilfeschülerin hat es geschafft. Noch immer unterstützt die frühere Lehrerin des Berufskollegs Bergkloster Bestwig einige jungen Frauen und Männer darin, Deutsch zu lernen. Oder sie liest deren Hausarbeiten im Studium Korrektur. „So bleibe ich geistig jung“, sagt die 82-jährige, die in diesem Jahr ihr 60-jähriges Ordensjubiläum feiert. Sie gehört zu den 33 Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel, die 2016 auf 25, 40, 50, 60 oder 65 Jahre Ordensleben zurückblicken. Eine der Goldjubilarinnen ist Schwester Gratia Feldmann. Sie erklärt den Grund, warum das Ordensleben so lange trägt, wie folgt: „Aufbauend auf dem Charisma unserer internationalen Kongregation sind unsere Aufgabenfelder vielseitig. Von Anfang an war mir eine Weite im Denken und Handeln wichtig. Ebenso eine nüchterne, vom Evangelium geprägte Spiritualität.“ 2004 durfte sie während eines Sabbatjahres nach Indien. „In Ashrams und geistlichen Zentren erlebte ich die tiefe und ernsthafte Gottsuche anderer Religionen. Eine Erfahrung, für die ich sehr dankbar bin“, sagt die Referentin für theologisch-spirituelle Fort- und Weiterbildung, die sich auch in der Frauenbildung engagiert. Es sei ihr ein Herzensanliegen, Menschen darin zu begleiten, den roten Faden in ihrem Leben zu finden. So bliebe es „spannend, die Zukunft immer wieder neu in den Blick zu nehmen. Und das in dieser Gemeinschaft zu tun, ist ein Geschenk!“ Darin sieht sie ihre persönliche Mission. Die hat auch Schwester Sigrid Maria Hoves für sich gefunden. Als sie sich vor 25 Jahren dazu entschied, in die Gemeinschaft einzutreten, moch- Gemeinsam feierten die Schwestern ihre Jubiläen im Bergkloster Bestwig. ten das weder ihre Eltern, noch ihre Schwester nachvollziehen. Und natürlich kam sie ins Grübeln: „Aber als ich die Kar- und Ostertage 1990 im Bergkloster verbrachte, spürte ich ein immer stärkeres Verlangen in mir. So stark, dass ich unbedingt die Generaloberin sprechen wollte.“ Das war damals Schwester Maria Angela Himmelhaus. Und die ahnte sofort, worum es der damals 25-Jährigen ging: „Sie wollen sicher fragen, ob Sie in die Gemeinschaft eintreten können.“ Ein Jahr später begann sie im Bergkloster Bestwig ihr Noviziat. » Von Anfang an war mir eine Weite im Denken und Handeln wichtig. Ebenso eine nüchterne, vom Evangelium geprägte Spiritualität. Sr. Gratia Feldmann Citypastoral im Wohnwagen Die gelernte Krankenschwester baute in der Hufeland-Klinik Bad Ems das Schlaflabor mit auf, wechselte später an das Kardinal-Hengsbach-Haus, ein Tagungszentrum des Bistums Essen. Immer stärker spürte sie, dass die Pastoral ihr Thema ist: „Deshalb bin ich froh, dass ich im noch fortgeschrittenen Alter Religionspädagogik studieren durfte“, sagt sie zufrieden. Jetzt arbeitet sie als Gemeindereferentin in Essen-Steele und dank ihrer kirchlichen Lehrerlaubnis auch in zwei Grundschulen und einer Realschule. Und schon brennt in ihr die nächste Idee: „Ich möchte in die Citypastoral. Den Wohnwagen dafür habe ich bereits organisiert.“ Ein bisschen „durchgeknallt“ sei sie ja schon immer gewesen, meint Schwester Sigrid Maria über sich selbst. Also passe das zu ihr. Außerdem nimmt sie sich einen Satz von Augustinus zu Herzen: „In Dir muss brennen, was Du in anderen entzünden willst.“ Deshalb finden ihre Nichten und Neffen sie als Ordensschwester keineswegs bieder, sondern eher cool. Und auch ihre Eltern wissen längst, dass sie für sich die richtige Entscheidung getroffen hat. Schwester Clementia wundert sich ebenfalls, wenn sie auf ihr eigenes Ordensleben zurückblickt. „24 Jahre lang war ich Lehrerin am Berufskolleg, aber vielleicht stehe ich seitdem mit beiden Beinen mehr im Leben als früher.“ Über ihre Nachhilfeschüler – darunter auch Flüchtlinge und Muslime – hat sie viele verschiedene Lebenssituationen kennengelernt, bei Anträgen geholfen, sich mit Behörden auseinandergesetzt und Hilfe vermittelt. Und oft hilft sie selbst. „Es ist anstrengend, aber auch erfüllend, wenn ich heute noch einige durch ihre Prüfungen begleiten darf.“ Obwohl sie sich stets in neue Themengebiete einarbeiten muss. Aber wenn sie wieder einen Smiley auf ihrem Handy sieht, weiß sie, warum. >Alle Jubilarinnen und weitere Fotos auf www.smmp.de Schwestern der hl. Maria Magdalena Postel 5-2016 V Das Herz brennt für die Katechese Missionsprokuratorin Schwester Klara Maria Breuer berichtet über die Katechese in der brasilianischen Diözese Blumenau. Im Mai war sie gemeinsam mit Generaloberin Schwester Maria Thoma Dikow zwei Wochen lang in dem südamerikanischen Land unterwegs. Viele Fäden laufen im hellen, freundlichen Büro von Schwester Carmelita Tenfen im Generalvikariat in Blumenau zusammen. Schwester Carmelita ist verantwortlich für die Koordination der Katechese in der Diözese Blumenau. Von Pomerode aus besuchen Generaloberin Sr. Maria Thoma Dikow und ich sie im Rahmen unserer Brasilienreise, begleitet von Provinzoberin Schwester Aurora Tenfen, ihrer leiblichen Schwester. Die Diözese Blumenau im Bundesstaat Santa Catarina in Südbrasilien ist dabei, in ihren 41 Pfarreien eine neue Weise der Einführung in den christlichen Glauben zu verankern. „Diese neue Art der Katechese geht weg von einer vormals eher schulischen Vermittlung des Glaubenswissens hin zu einer Katechese, die von Gebet und Feier des Glaubens durchdrungen ist“, erklärt Schwester Carmelita. Es ist ein Weg, zu dem sich die Bischöfe Lateinamerikas und der Karibik im Schlussdokument der Generalversammlung 2007 im brasilianischen Wallfahrtsort Aparecida do Norte verpflichtet haben. Beziehung, Freude, Hinführung zu einem Glauben, der auf persönlicher Entscheidung basiert und zu christlicher Praxis führt, sind die Schlüsselelemente. Bewusst sollen die Katechese-Gruppen mit etwa 15 Katechumenen überschaubar sein, Sr. Carmelita Tenfen zeigt neue Materialien für die Katechese. Unten um den Einzelnen im Blick zu haben. links ist eines der Plakate für den Unterricht zu sehen. Es ist ein Weg, der durchs Herz in Brennen halten“ sind Themen dieser die Hände, in ein Leben aus bewusst » christlicher Haltung führt. Die Katecheten Briefe. Monatlich werden sie an alle Katecheten der Diözese versandt. Mehrere Jahre dauert die Vorbe- brauchen zu„Die neue Weise der Katechese reitung auf Erstkommunion und Fir- nächst selbst verlangt dem Katecheten viel ab. Der mung. Einzelne Etappen sind durch spirituelle OriKatechet und die Katechetin brauchen besondere liturgische Momente ge- entierung und deshalb zunächst selbst spirituelle kennzeichnet, wie die Überreichung einen lebendiOrientierung und einen lebendigen der Bibel oder des Glaubensbekennt- gen Glauben, Glauben, um die Herzen der Katechunisses. Zu diesen gottesdienstlichen um die Herzen menen für Gott zu öffnen“, erläutert Feiern sind die Eltern der Kinder und der KatechuJugendlichen mit eingeladen. In der menen für Gott Schwester Carmelita die Intention der Anschreiben sowie der Treffen und Diözese Blumenau, aufgeteilt in fünf zu öffnen. Fortbildungen. Manchmal wird sie Regionen, gibt es 1.580 ehrenamtli- Sr. Carmelita von einer Pfarrei eingeladen, um Oriche Katecheten, mehrheitlich Frauen. Tenfen entierung für die Katechese zu geben. Jede Region und jede Pfarrei hat ihre Wenn Schwester Carmelita erKoordinatoren. Alle zwei Monate finzählt, ist förmlich zu spüren, wie ihr det eine Zusammenkunft mit ihnen die Neugestaltung der Katechese ein statt. Einmal im Jahr sind alle KateHerzensanliegen ist. Dabei erfährt sie cheten zu einem Diözesantreffen eindie Ermutigung und den Rückhalt von geladen. Die spirituelle Weiterbildung Bischof Rafael Biernaski. „Es wird der Katecheten ist eine zentrale Aufvermutlich lange dauern, bis sich diegabe von Schwester Carmelita. ser neue Weg der Einführung in den Derzeit erarbeitet sie monatliche christlichen Glauben etabliert hat. Briefe – als Vorbereitung auf ein groUnd vielleicht erlebe ich selbst das ßes Katecheten-Treffen von fünf Bunnicht mehr“, ist sich Schwester Cardesstaaten im Juni 2017 in der Stadt melita bewusst. Doch daran mitzuarFlorianopolis. „Inspiration, die von beiten, dafür brennt ihr Herz. Jesus kommt“ oder „Die Flamme am Eines der bunten Plakate, die bei der Katechese zum Einsatz kommen. VI Schwestern der hl. Maria Magdalena Postel 5-2016 KIRCHE IN BRASILIEN Reagieren auf Entwicklungen Die katholische Kirche ist in Brasilien in 41 Kirchenprovinzen mit 265 Diözesen aufgeteilt. Ihr gehören über 140 Millionen Gläubige an. Insgesamt hat Brasilien rund 200 Millionen Einwohner, so dass der Anteil der Katholiken an der Gesamtbevölkerung bei etwa 70 Prozent liegt. Seit Mitte der 90er Jahre erlebt die katholische Kirche in Brasilien jedoch eine stärkere Abwanderung. Damals gehörten noch 90 Prozent der katholischen Kirche an. Viele Gläubige zieht es vor allem zu den protestantischen Freikirchen, die ihren Glauben oft mit großer Leidenschaft propagieren. Das löst auch in der brasilianischen Bischofskonferenz Diskussionen aus. Inzwischen gibt es viele Initiativen, um den Glauben wieder erlebbarer und lebendiger zu machen. Auch die Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel haben darauf reagiert und ihre Berufungspastoral neu ausgerichtet. Seit zwei Jahren gibt es regelmäßig mehrtägige Treffen mit Jugendlichen, die gut besucht sind. Ein Haus für 500 Meerschweinchen Im Kinderdorf Cuatro Esquinas in Cochabamba gibt es jetzt ein Meeschweinchenhaus. Die 180 Tiere sind aber kein Streichelzoo. Sie werden für den Verkauf gezüchtet – und gegessen. Meerschweinchen gelten in Bolivien als Delikatesse. » Für das Kinderdorf ist die Zucht eine wichtige Einnahmequelle. Und die Kinder lernen dabei viel. Sr. Theresia Lehmeier Das neue Meerschweinchen-Haus im Gartengeläde des Kinderdorfes Cuatro Esquinas am Rand der 600.000-Einwohner-Stadt Cochabamba bietet Platz für 400 bis 500 Tiere. Zurzeit leben dort etwa 180 Meerschweinchen. Sie werden zum Verkauf gezüchtet. Ein lebendes Tier kostet 20 Bolivianos, ein gehäutetes 25. Wenn es nicht gelingt, die Meerschweinchen so zu verkaufen, gibt es die Möglichkeit, Chorizo – kleine Würstchen – oder Mortadella daraus zu machen. Der Erlös ist für das Kinderdorf eine wichtige Einnahmequelle. Zugleich lernen die hier lebenden Mädchen – meist Voll- oder Halbwaisen –, wie die Aufzucht der Tiere funktioniert. Benjamin Felipe Zelada Arias an der Wurstmaschine. Fleisch gilt als sehr gesund Blick ins Meerschweinchenhaus Blumenau Generalsekretärin Schwester Theresia Lehmeier und Schwester Aloisia Höing als Leiterin der Missionszentrale haben das Kinderdorf im Mai bei ihrer Bolivienreise besucht. „Ein Mädchen hat uns alles Wissenswerte über Meerschweinchen aufgesagt“, erinnert sich Schwester Aloisia. Für die Kinder seien diese Tiere in Bolivien von Anfang an vor allem Nahrung. Deshalb hätten sie einen anderen Bezug dazu als europäische Kinder. Genauso lernten die Jungen und Mädchen in dem großen Garten des Kinderdorfes aber auch, wie man Gemüse anbaut oder Obstbäume pflegt. Voller Stolz hätten die Mitarbeiter und Kinder den Ordensschwestern die neue Maschine zur Wurstherstellung präsentiert. Das Fleisch gelte als sehr gesund, habe Ingenieur Benjamin Felipe Zelada Arias erklärt, der in dem Kinderdorf angestellt ist. Er halte das Fleisch sogar für das Beste, was es gibt, weil es kaum Cholesterol enthielte. „Die Kreuzung des bolivianischen Meerschweinchens, das klein und robust ist, mit dem größeren, aber auch empfindlicheren peruanischen Meerschweinchen ergibt ein ideales Tier“, so der Ingenieur. Alle Tiere, die im Kinderdorf Cuatro Esquinas gehalten werden, sollen etwas einbringen. Die Kaninchen kosten pro Stück 40 bis 50 Bolivianos. Auch sie werden gegessen. Und der Wert der siamesischen Katzen als Haustier liegt bei 70 bis 80 Bolivianos. Außerdem befinden sich vor dem Meerschweinchenhaus zwei Becken aus Beton, die für eine Kompostanlage vorbereitet sind. Darin soll sich der Mist der Meerschweinchen sammeln. Er kommt mit in den Kompost, der als Dünger verkauft werden kann. Für Schwester Theresia steht fest: „Ich würde kein Meerschweinchen essen. Aber für das Kinderdorf ist die Zucht eine wichtige Einnahmequelle. Und die Kinder lernen dabei viel.“ Schwestern der hl. Maria Magdalena Postel 5-2016 VII Missionarisches Forum zur Rolle der Kirche Dr. Maria Flachsbarth ist Hauptreferentin am 27. Oktober im Bergkloster Bestwig Bestwig. „Hallo Kirche – lebst Du noch?“: Unter diesem Motto steht das diesjährige Missionarische Forum der Missionszentrale der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel (SMMP) am Donnerstag, 27. Oktober 2016 von 18 bis 21.15 Uhr im Bergkloster Bestwig. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage nach der Rolle der christlichen Kirchen in unserer heutigen Gesellschaft. Weiterhin soll thematisiert werden, welchen Beitrag die Kirchen innerhalb der sich verschärfenden Spannungen in der Gesellschaft leisten können. Hauptreferentin ist Dr. Maria Flachsbarth, Präsidentin des Katholischen Frauenbundes Deutschland (KDFB) und Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). Weiterhin ist die engagierte wirtschaft. Dem Vortrag folgen zwei Praxisbeispiele. Ludwig Klens aus Eslohe im Sauerland ist Mitglied im Integrationskreis „Flüchtlinge in der Gemeinde Eslohe“. Er berichtet über Maßnahmen zur Integration von Flüchtlingen in das Gemeindeleben. Schwester Margareta Kühn SMMP erzählt von ihren Erfahrungen aus der Manege in Berlin-Marzahn, die sich insbesondere für sozial benachteiligte und gefährdete Jugendliche einsetzt. Alle Interessierten sind zu dieser Veranstaltung eingeladen. Um eine kurze Anmeldung wird bei Winfried Meilwes in der Missionszentrale Bestwig gebeten. Telefon: 02904 808-241 E-Mail: missionszentrale@smmp.de Dr. Monika Flachsbarth Foto: privat Katholikin aus Hannover Mitglied im Deutschen Bundestag und parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Land- SCHNAPPSCHUSS AUS BRASILIEN IMPRESSUM Eigenteil der Schwestern der hl. Maria Magdalena Postel Herausgeber: Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel Friedensplatz 6 37308 Heilbad Heiligenstadt Tel.: 03606 673-136 Fax: 03606 673-138 E-Mail: generalat@smmp.de www.smmp.de Redaktion: Dr. Ulrich Bock (V.i.S.d.P), Sr. Klara Maria Breuer, Winfried Meilwes, Andreas Beer Bergkloster Bestwig, Bergkloster 1, 59909 Bestwig Tel.: 02904 808-243 Fax: 02904 808-255 E-Mail: u.bock@smmp.de Fotos, soweit nicht anders angegeben: Ulrich Bock / Andreas Beer (SMMP) Vertrieb und Bestellungen Bergkloster Bestwig Marlene Mantel Bergkloster 1, 59909 Bestwig Tel.: 02904 808-102 E-Mail: m.mantel@smmp.de Preis: 12,90 Euro pro Jahr für sechs Ausgaben Bankverbindung: Bergkloster Stiftung SMMP Darlehnskasse Münster eG (DKM) IBAN: DE59 4006 0265 0000 1003 00 BIC: GENODEM1DKM Litho und Druck: Limburger Vereinsdruckerei GmbH Senefelder Straße 2, 65549 Limburg. Objekt 38 Der in Brasilien lebende Fotograf Florian Kopp hat im Juni die Einrichtungen der Schwestern der heiligen Maria Magdalena Postel in Leme besucht und beeindruckende Aufnahmen gemacht. Diese Szene zeigt eine Sportstunde mit dem Lehrer Idael im Kindergarten und in der Grundschule des Centro Educacional Sagrada Familia. In den nächsten Ausgaben werden wir weitere Berichte mit Fotos vom Florain Kopp, der schon verschiedene kontinente-Reportagen bebildert hat, veröffentlichen. Foto: Florian Kopp / SMMP VIII Schwestern der hl. Maria Magdalena Postel 5-2016