Steven Dami Mamza ist Priester in Nigeria. Die Zahl der Priester in Afrika wächst kontinuierlich. Foto: Stark |
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Afrikatag
Der lernende Sämann
Kluge Firmenchefs wissen, dass Mitarbeiter die wichtigste Ressource eines Unternehmens sind. Zwar verstehen sich katholische Kirche und Ordensgemeinschaften nicht als normale Firma, aber auch für sie gilt: Auf das Bodenpersonal kommt es an.
Wenn der Comboni-Missionar Pater Josef Altenburger sich an seinen ersten Auslandseinsatz erinnert, wird er selbstkritisch: „Es gibt wohl kaum etwas, was ich von dem, was ich 1975 in Uganda erlebt habe, heute noch bejahen könnte. Ohne Vorbereitung, ohne Sprach- und Kulturkenntnis bin ich nach Ostafrika gekommen.“ Heute leitet Altenburger die deutschsprachige Comboni-Provinz mit 87 Mitbrüdern. „Mission war früher Beherrschung der Menschen, wir Europäer haben das kulturelle Erbe der Einwohner überfahren. Heute wissen wir: Die Missionare müssen der einheimischen Kirche Platz machen, die Lokalkirche ist Träger der Mission.“ Auch Schwester Miguela Keller vom Institut St. Dominikus hat ihre Einstellung in langen Missionsjahren verändert: „Ich sah meine Mission darin, als Hebamme und Krankenschwester Schwangeren zu helfen. Dann habe ich verstanden, dass man sich auch um die soziale Not und äußerste Armut kümmern muss, dass man Unterdrückung und Ungerechtigkeit bekämpfen muss. Deshalb habe ich entschieden, in den Basisgesundheitsdienst und die Gemeindeentwicklung zu gehen und Insassen des Gefängnisses zu betreuen.“ Während der Auslandsjahre habe sich ihr Horizont geweitet, sagt Schwester Miguela: „Ich verstehe Menschen heute besser, vor allem Menschen in Not. Ich weiß, dass man Menschen in großer Not nicht predigen kann, ohne ihre Sorgen zu beachten.“
Dass es schwierig sein kann, wenn afrikanische und deutsche Kultur aufeinandertreffen, weiß auch Pater Chidi Emezi, seit 2010 ranghöchster Spiritaner in Deutschland. Als er im April 2006 aus dem westafrikanischen Nigeria nach Deutschland kam, erlebte er einen Lernprozess, in dem beide Seiten aufeinander zugehen mussten. „Wie in anderen Gemeinschaften, zum Beispiel in Familien, funktioniert das anfangs nicht immer ohne Schwierigkeiten“, bekennt der 43-Jährige. In Afrika und Deutschland habe er unterschiedliche Priesterbilder kennengelernt. So würden hierzulande sehr hohe Erwartungen an Seelsorger gestellt. Priester aber seien keine „Problemlösungsmaschine“ und bräuchten selber „Unterstützung und menschliche Kontakte“.
Lernen als lebenslange Aufgabe
Für Frank Kraus, Leiter der Auslandsabteilung bei missio, ist eine gute Ausbildung Schlüssel für die fruchtbare Arbeit als Seelsorger, hier wie dort. „Seelsorger müssen sich ein Leben lang auf neue gesellschaftliche Entwicklungen einstellen und in ihrer Ausbildung darauf vorbereitet werden. Um heute als Seelsorger bestehen zu können, brauchen sie eine Methodenvielfalt und die Offenheit, diese stets zu erweitern.“ Zudem sei im Umgang mit Menschen ein hohes Maß an Authentizität nötig, so Kraus: „Wenn die Einheit von Wort und Tat nicht erkennbar ist, kann der Seelsorger nicht überzeugen.“ In vielen Ländern übernehmen Seelsorger eine moderierende Funktion, wenn gesellschaftliche Veränderungen zu Krisen in Familen und Gemeinschaften führen: Menschen erleben den Zerfall von Ehen und Familien, der Weggang der Jüngeren zerstört Dorfgemeinschaften, vielerorts entstehen Konflikte, wenn unterschiedliche Ethnien aufeinanderprallen. missio unterstütze deshalb das lebenslange Lernen von Seelsorgern, so Kraus. Auch die alljährlich im Januar gehaltene Kollekte zum Afrikatag helfe, die Ausbildung des kirchlichen Personals in Afrika zu finanzieren. Eine große Aufgabe, kommentiert Kraus, indem er auf das schlechte Ausbildungsniveau in vielen Regionen Afrikas, und dort noch einmal besonders unter Frauen, verweist.
In Afrika jährlich 1500 Neupriester
Die hohe Zahl von Berufungen in Afrika sei sehr erfreulich, stelle aber für die Kirche eine große Herausforderung dar: Wie können die vielen Bewerber gut ausgebildet werden? In welchen Seminaren? Und wie wird es finanziert, wenn die Ortskirche über wenig oder kein Geld verfügt? In Afrika ist die Zahl der Priester jährlich um rund 1500 gestiegen. Auch die Zahl der Ordensschwestern stieg im Jahr 2011 in Afrika um fast 1500, während die Zahl weltweit zurückging. In einigen Regionen ist die Zahl der Bewerber für den Dienst als Ordenschrist, Katechist oder Priester so hoch, dass die einheimische Kirche mit deren Finanzierung überfordert ist. Was treibt junge Menschen an, ein Leben in Kirche oder Ordensgemeinschaft zu suchen? Aussagekräftige Statistiken über die Motivation von Seminaristen und Laienhelfern gebe es nicht, sagt Kraus. Aber er kennt Gründe. Beispielsweise die der Katechistin, die ihre Begegnung mit dem christlichen Glauben als Befreiung erlebt hat und diese Befreiung anderen ermöglichen will. Oder der junge Mann aus armen Verhältnissen, der sich mit dem Eintritt ins Priesterseminar frei macht von Armut und dieses Geschenk weiterreichen möchte. Oder die Frau, die durch christliches Handeln geheilt wurde und die Erfahrung der Heilung weitergeben möchte. Gerade in Afrika sei die Hinwendung zum christlichen Glauben oftmals eine radikale Entscheidung, berichtet Kraus. In Familien und Dorfgemeinschaften, die nicht mehrheitlich christlich sind, werde der Christ schnell zum Außenseiter, der mit der Tradition breche. „Bei vielen Christen in Afrika gibt es eine sehr bewusste, aktive und mutige Entscheidung. Viele der ersten afrikanischen Bischöfe hatten Eltern mit traditioneller Religion. Da hat es in den Familien einen richtigen Bruch gegeben“, weiß Kraus.
Dem Seelsorger verpflichtet
Ob Eintritt ins Priester seminar oder in eine Ordensgemeinschaft, jede Berufung in den kirchlichen Dienst bedeute hohe Verpflichtung, so Kraus: „Unterhalt und Versorgung müssen auch im Alter finanziert werden. Es gibt ja kein deutsches Kirchensteuersystem.“ Am Herzen liegt ihm, diese Menschen mit guter Ausbildung und Begleitung auszurüsten für ihr lebenslanges Engagement.
Von Jobst Rüthers und Eva Maria Werner
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