Setzt sich ins Flüchtlingsboot: Für seine musikalisch-politischen Aktionen erhielt Heinz Ratz 2012 die Integrationsmedaille der Bundesregierung. Foto: Gödan |
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Heinz Ratz
Schwimmende Demo für Flüchtlingsrechte
Wer im vergangenen Sommer auf Main, Neckar oder Rhein zwei Flöße treiben sah, blieb wohl etwas verdutzt stehen, um sich das Geschehen genauer anzuschauen. An Deck dieser beiden zu symbolischen Flüchtlingsbooten umgebauten Holzflöße war der Liedermacher Heinz Ratz mit seiner Band „Strom und Wasser“, begleitet von Flüchtlingen. Sie schipperten durch Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und über den Mittellandkanal bis nach Berlin, gaben abends in den Städten Konzerte und berichteten von den Schicksalen der Flüchtlinge.
„Unsere Flöße symbolisieren auch auf deutschen Flüssen die Unsicherheiten, denen die Menschen während ihrer Flucht ausgesetzt sind“, sagt Ratz. Außerdem möchte er auf die schlechten Lebensbedingungen der Flüchtlinge in den deutschen Asylantenheimen aufmerksam machen. Der 47-Jährige nennt diese Heime ganz bewusst „Flüchtlingslager“. „Suggeriert der Begriff Heim nicht, dass man sich dort heimisch fühlen könne?“, fragt er. Dies sei aber nicht der Fall. Vielmehr würden Schutzsuchende in diesen Unterbringungen „abgelagert“.
Ratz weiß, wovon er spricht. Mehr als 150 Flüchtlingsunterkünfte hat er bislang besucht. Und die musikalische Floßtour durch Deutschland ist bereits seine dritte Aktion, um auf das Schicksal der Flüchtlinge aufmerksam zu machen. Dieses Mal rückte er explizit die Flüchtlingsfrauen in den Fokus. „Ich habe festgestellt, dass die Haupt-Leidtragenden sehr oft die alleine oder mit Kindern fliehenden Frauen sind, die gleichzeitig eine große Scheu haben, an die Öffentlickeit zu treten“, begründet er dies. Keinerlei Privatsphäre sowie sexuelle und gewalttätige Übergriffe gehören für die Frauen in den Flüchtlingsunterkünften zum harten Alltag.
Auf der Floßtour durch Deutschland wagen einige Flüchtlingsfrauen den Schritt und erzählen auf der Bühne von ihrem Schicksal und wie es ihnen in Deutschland geht. Diese Schilderungen und das gemeinsame Musizieren haben die Tour „zwischenmenschlich sehr schön“ gemacht, wie Ratz findet. Seine Aktion hat denen ein Gesicht gegeben, von denen man sonst nur liest, wenn sie auf Lampedusa gestrandet oder gar im Mittelmeer jämmerlich ertrunken sind. (no)
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