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Internationaler Strafgerichtshof
Rassismus-Vorwurf
Als der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag 2002 seine Arbeit aufnahm, war das ein Paradigmenwechsel. Nach dem Vorbild der Nürnberger Prozesse war eine – auch von den Vereinten Nationen – unabhängige Institution entstanden, um über Angriffskriege, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu urteilen.
Seitdem wurde gegen Warlords, Minister, Generäle und Staatschefs ermittelt – die meisten von ihnen aus Afrika. Der erste Verurteilte war der kongolesische Warlord Thomas Lubanga Dyilo (Foto). Nun haben Südafrika, Burundi und Gambia angedroht, die Zusammenarbeit mit dem Haager Tribunal aufzukündigen. Ihr Vorwurf: Es konzentriere sich auf „die Strafverfolgung und Erniedrigung Farbiger, insbesondere Afrikaner“. Südafrika hat dem UN-Sekretär in New York bereits eine offizielle Mitteilung zukommen lassen und verabschiedet sich zum 20. November 2017 vom Rom-Statut, der vertraglichen Grundlage des Weltstrafgerichts.
Völkerrechtler halten diese Entwicklung für bedenklich. Gegenwärtig erkennen 124 Länder die Haager Institution an. Staaten wie die USA, Russland und China indes haben das Rom-Statut bis heute nicht ratifiziert – ebenso wenig wie Indien, Iran, Israel und fast alle arabischen Staaten. Von universaler Gerichtsbarkeit ist das Tribunal damit weit entfernt. Laut Statut darf es ohnehin nur gegen Einzelpersonen ermitteln – sofern das Land, in dem die Verbrechen begangen wurden, die Delikte auf nationaler Ebene nicht verfolgen kann oder will und es den Internationalen Strafgerichtshof anerkennt.
Deshalb stehen Menschenrechtsverletzungen auf der US-Militärbasis Guantanamo, der Angriffskrieg gegen den Irak oder Kriegsverbrechen des syrischen Diktators al-Assad in Den Haag nicht zur Debatte. Chefanklägerin Fatou Bensouda hat allerdings Vorermittlungen zur Rolle britischer Soldaten im Irak und gegen amerikanische Militärs in Afghanistan eingeleitet. Vielleicht wird das die afrikanischen Kritiker besänftigen.
Von Beatrix Gramlich
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