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Ans Herz ge­wach­sen: Clau­dia Käm­me­rer mit ei­ner Schü­le­rin.

In­ter­view

Au-pair mit Rei­fe­zeug­nis

Von we­gen „al­tes Ei­sen“: Im­mer mehr Se­nio­rin­nen und Se­nio­ren zieht es im Ren­te­nal­ter in die Fer­ne. Auch die 61-jäh­ri­ge Clau­dia Käm­me­rer wag­te den Schritt ins Un­ge­wis­se. Die Münch­ne­rin ar­bei­te­te be­reits zwei Mal in In­di­en als Frei­wil­li­ge ei­ner Hilf­s­or­ga­ni­sa­ti­on.

Frau Käm­me­rer, Sie sind schon zwei­mal in In­di­en eh­renamt­lich im Ein­satz ge­we­sen?
Ja, ich war im Nor­den In­di­ens, in Ra­jast­han, und zwar drei­ein­halb Mo­na­te En­de 2012 und dann im Früh­jahr 2013 noch mal zwei Mo­na­te.

Wie sind Sie auf die Idee ge­kom­men? Sie sind Rent­ne­rin – vie­le wol­len doch erst mal den Ru­he­stand ge­nie­ßen...
Ich bin schon früh aus dem Be­rufs­le­ben aus­ge­schie­den und ha­be nach ei­nem Ven­til für un­ge­nutz­te En­er­gie ge­sucht. Da­bei bin ich auf die In­ter­net­sei­te der Agen­tur „Gran­ny Au-pair“ ge­sto­ßen. Die ver­mit­telt ne­ben Au-pair-Fa­mi­li­en auch Zu­gang zu welt­wei­ten so­zia­len Pro­jek­ten, in de­nen sich äl­te­re Frau­en ein­brin­gen kön­nen. Die Hilf­s­or­ga­ni­sa­ti­on „Samb­ha­li Trust“, die vor al­lem Frau­en und Mäd­chen in In­di­en för­dert, hat mich di­rekt fas­zi­niert und da ha­be ich mich be­wor­ben.

Und was ha­ben Sie sich da­von er­hofft?
Mir war durch mei­ne frühe­ren be­ruf­li­chen Au­f­ent­hal­te in In­di­en klar, dass Bil­dung, Gleich­be­rech­ti­gung und fi­nan­zi­el­le Un­ab­hän­gig­keit für Frau­en im­mer noch Pri­vi­le­gi­en der obe­ren Schich­ten sind. Ich woll­te ger­ne da­zu bei­tra­gen, das zu än­dern.

Wie ha­ben Sie sich auf Ih­ren Ein­satz vor­be­rei­tet?
Ich ha­be die In­ter­net­sei­ten von „Samb­ha­li Trust“ stu­diert, wo man je­de Men­ge In­for­ma­tio­nen für Frei­wil­li­ge fin­den kann. Die Agen­tur „Gran­ny Au­pair“ hat mir zu­sätz­lich Kon­takt zu ei­ner an­de­ren Frei­wil­li­gen ver­mit­telt, die be­reits in In­di­en war. Sie hat mir in ei­nem ein­stün­di­gen Te­le­fo­nat vie­le prak­ti­sche Tipps ge­ge­ben. Das war sehr nütz­lich.

Hat­ten Sie vor Ih­rem Au­f­ent­halt in In­di­en auch Kon­takt zu Leu­ten vor Ort?
Ja, mit dem Lei­ter des Trusts, Go­vind Singh Ra­tho­re, der auf mei­ne Be­wer­bung mit ei­ner for­mel­len Ein­la­dung ge­ant­wor­tet hat, die man für das Vi­sum braucht. Wir ha­ben ei­ni­ge Mails aus­ge­tauscht. Ich ha­be in mei­ner Be­wer­bung an­ge­ge­ben, wel­che Tä­tig­kei­ten ich über­neh­men kann. Die kon­k­re­ten Auf­ga­ben wur­den aber erst vor Ort fest­ge­legt. In der Re­gel ar­bei­ten Vo­lon­tä­re dort sechs Ta­ge in der Wo­che.

Wo ha­ben Sie vor Ort ge­ar­bei­tet?
Ich bin In­for­ma­ti­ke­rin. Da bot es sich bei mei­nem ers­ten Au­f­ent­halt an, dass ich Frau­en Com­pu­ter­un­ter­richt ge­be. Nach­mit­tags ha­be ich Kin­der be­t­reut, de­ren Müt­ter am Hand­ar­beits­un­ter­richt teil­nah­men. Beim zwei­ten Au­f­ent­halt ha­be ich mor­gens Eng­lisch­un­ter­richt für Mäd­chen und Frau­en im mus­li­mi­schen Vier­tel der Stadt Jodh­pur ge­ge­ben und nach­mit­tags in ei­nem Mäd­chen­wai­sen­haus ge­ar­bei­tet. Da dort al­le Kin­der un­ter Kop­fläu­sen ge­lit­ten ha­ben, ha­be ich mich aus­sch­ließ­lich der Be­kämp­fung der Läu­se mit ent­sp­re­chen­den Käm­men ge­wid­met.

Hat­ten Sie nicht manch­mal das Ge­fühl, Ihr En­ga­ge­ment ist nur der sprich­wört­li­che „Trop­fen auf den hei­ßen Stein“?
Ja, die­se Fra­ge stellt sich si­cher je­de Frei­wil­li­ge mal. Aber selbst wenn wir kei­ne spür­ba­ren ge­sell­schaft­li­chen Ve­r­än­de­run­gen be­wir­ken kön­nen, ha­ben wir doch ei­nen klei­nen Ein­fluss auf das Le­ben der Frau­en und Kin­der, die wir un­ter­rich­ten und be­t­reu­en. Wir drü­cken da­mit un­se­re Wert­schät­zung aus für Men­schen, die sonst we­nig Wert­schät­zung ge­nie­ßen. Das al­lein ist ein Ge­winn für sie.

Wie ha­ben Sie die Si­tua­ti­on der Mäd­chen und Frau­en in In­di­ens Ge­sell­schaft emp­fun­den?
Ich glau­be, dass das Le­ben in­di­scher Frau­en im­mer noch weit­ge­hend fremd­be­stimmt ist. In höhe­ren Bil­dungs­schich­ten hat sich si­cher viel ge­än­dert, aber für die meis­ten in­di­schen Frau­en gilt das noch. Die Ge­burts­fa­mi­lie be­stimmt über sie, bis sie ver­hei­ra­tet ist. Da­nach be­stimmt die Fa­mi­lie ih­res Man­nes über sie. Die Wert­schät­zung männ­li­cher Nach­kom­men ist viel höh­er als der Töch­ter. Das macht sich auch deut­lich be­merk­bar im Ver­hält­nis von Jun­gen zu Mäd­chen. Die Jun­gen füh­len sich den Mäd­chen weit über­le­gen, und die Mäd­chen stel­len das auch gar nicht in Fra­ge.

Ha­ben Sie das selbst er­lebt?
Ja, bei­spiels­wei­se hat sich ein acht­jäh­ri­ger Jun­ge, den ich be­t­reu­te, ka­te­go­risch ge­wei­gert, mit Mäd­chen zu spie­len. „Girls are dir­ty“, schi­en zu­nächst der ein­zi­ge Satz zu sein, den er in Eng­lisch sa­gen konn­te. Er war so starr­köp­fig – da war ei­ne „har­te Nus­s“ zu kna­cken und Über­zeu­gungs­ar­beit zu leis­ten.

Aber es hat ge­klappt?
Ja, in den meis­ten Fäl­len wa­ren wir er­folg­reich. Auch der be­sag­te Jun­ge ist mit der Zeit to­le­r­an­ter ge­wor­den. Wo­bei wir uns manch­mal ei­ni­ger Tricks be­die­nen muss­ten. Wenn die Kin­der zum Bei­spiel sti­cken soll­ten, dann ha­ben wir den Jun­gen ge­sagt, das sei „Ma­len mit Na­deln“. Ge­stickt hät­ten die nie, das ist ei­ne ty­pi­sche Mäd­chen­ar­beit.

Hat­ten Sie in der Zeit auch Frei­zeit, um das Land ken­nen­zu­ler­nen?
Ja, wäh­rend des Di­wa­li-Fes­tes, dem hin­du­is­ti­schen Lich­ter­fest, sch­lie­ßen al­le Schu­len für ei­ne Wo­che und wir Vo­lon­tä­re hat­ten frei. Wir ha­ben ei­ne Rund­rei­se durch den Bun­des­staat Ra­jast­han über Jaisl­mer, Bi­ka­ner, Push­kar und Udai­pur ge­macht – das war ei­ne er­freu­li­che Ab­wechs­lung. Ich hat­te au­ßer Jodh­pur und Se­tra­wa noch gar nichts von Ra­jast­han ge­se­hen. Ein Di­wa­li-Fest in In­di­en zu er­le­ben, ist spek­ta­ku­lär, ganz be-son­ders in der Pil­ger­stadt Push­kar, ein klei­ner Ort am für die Hin­dus hei­li­gen Push­kar-See.

Wel­che Cha­rak­ter­ei­gen­schaf­ten hal­ten Sie für un­ab­ding­bar bei ei­nem sol­chen Ein­satz im Aus­land?
Das Wich­tigs­te ist An­pas­sungs­fähig­keit. Man wird in der Re­gel nie ganz das vor­fin­den, was man er­war­tet. Und dann ist es gut, wenn man sich sch­nell mit den Ge­ge­ben­hei­ten ab­fin­den kann. Und an­pas­sen müs­sen Mit­te­l­eu­ro­päer sich oh­ne­hin, et­wa ans Kli­ma, Es­sen, an die hy­gie­ni­schen Be­din­gun­gen, den Lärm oder auch die Men­schen­mas­sen.

Wie hat Sie die Zeit in In­di­en ve­r­än­dert?
Ich glau­be, ich bin ein we­nig be­schei­de­ner ge­wor­den und auch ge­las­se­ner. Wer Ge­le­gen­heit hat zu be­o­b­ach­ten, wie ge­fasst, freund­lich, ja so­gar fröh­lich in­di­sche Frau­en auf die Här­ten ih­res Le­bens rea­gie­ren, der lernt auch was da­von.

Ha­ben Sie heu­te noch Kon­takt und pla­nen Sie, wie­der nach In­di­en zu rei­sen?
Ja, mei­ne Schütz­lin­ge sind mir sehr ans Herz ge­wach­sen. Ich hof­fe, dass sie ein gu­tes Le­ben ha­ben und dass sich die Aus­bil­dung für sie von Vor­teil er­weist. Ich ha­be spo­ra­disch Kon­takt per E-Mail zu „Samb­ha­li Trust“ und an­de­ren Vo­lon­tä­ren. Si­cher wer­de ich wie­der als Frei­wil­li­ge nach Jodh­pur ge­hen, vi­el­leicht schon im kom­men­den Win­ter. Ein Ein­satz als „Gran­ny Au­pair“ in ei­ner Fa­mi­lie et­wa in den USA wür­de mich aber auch rei­zen.


Das In­ter­view führ­te Na­di­ne Ort­manns.


Zu­rück zur Nach­rich­ten­über­sicht Sep­tem­ber/Ok­tober 2015




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