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Taufkirche St. Jean: Gisèle Bulteau vor dem Baptisterium in Poitiers, dem ältesten erhaltenen christlichen Bauwerk in Frankreich. Foto: Stark

Tauf­kir­che St. Je­an: Gisè­le Bul­teau vor dem Bap­tis­te­ri­um in Poi­tiers, dem äl­tes­ten er­hal­te­nen christ­li­chen Bau­werk in Fran­k­reich. Fo­to: Stark

„Wir fol­gen dem Ruf“

Im fran­zö­si­schen Erz­bis­tum Poi­tiers si­chern die ka­tho­li­schen Ge­mein­den seit knapp 20 Jah­ren ein le­ben­di­ges Glau­bens­le­ben. Der Fo­kus liegt da­bei nicht auf der Zahl der Pries­ter oder den ver­füg­ba­ren Fi­nan­zen. Zen­tral ist die Fra­ge: Was ist nö­t­ig, da­mit Kir­che vor Ort lebt?

Das Pro­b­lem ist be­kannt. Es gibt im­mer we­ni­ger Pries­ter und die Zahl der Ka­tho­li­ken, die sich ak­tiv ein­brin­gen, sinkt seit Jah­ren. Die Bi­sc­hö­fe zer­b­re­chen sich den Kopf dar­über, wie sie die Seel­sor­ge in ih­ren Bi­s­tü­mern si­cher­s­tel­len kön­nen. An vie­len Or­ten sieht die Ant­wort auf das Pro­b­lem so aus: Pfar­rei­en wer­den zu Großp­far­rei­en oder Seel­sor­ge­ver­bän­den zu­sam­men­ge­legt. Ein Pries­ter, der ehe­mals für zwei Ge­mein­den zu­stän­dig war, muss heu­te acht, zehn oder so­gar noch mehr „ver­sor­gen“. Kla­gen dar­über, dass die Kir­che ihr Ge­sicht vor Ort ver­lo­ren hat und Pries­ter kei­ne Seel­sor­ger, son­dern über­wie­gend Ver­wal­ter und Ma­na­ger ge­wor­den sei­en, sind häu­fig.

Im Wes­ten Fran­k­reichs ist Bi­schof Al­bert Rouet im Bis­tum Poi­tiers schon Mit­te der 90er-Jah­re ei­nen an­de­ren Weg ge­gan­gen, über­zeugt da­von, „dass es nur ei­ne Zu­sam­men­le­gung gibt, die wir­k­lich funk­tio­niert – und das ist der Fried­hof“. Nach und nach er­rich­te­te er die so ge­nann­ten „ört­li­chen Ge­mein­den“, heu­te gibt es 320 da­von. Das sind ein­fa­che, christ­li­che Ge­mein­schaf­ten, die von den Men­schen vor Ort mit Le­ben ge­füllt wer­den. Meh­re­re ört­li­che Ge­mein­den bil­den ei­nen Sek­tor, die „pa­s­to­ra­le Ba­sis­ein­heit“ der Diöze­se. Gisè­le Bul­teau, die mit wei­te­ren Hauptamt­li­chen im Erz­bis­tum Poi­tiers für die Be­g­lei­tung der ört­li­chen Ge­mein­den zu­stän­dig ist, weiß aus Er­fah­rung, dass es nicht der Man­gel an Gläu­bi­gen ist, der das kirch­li­che Le­ben er­schwert, son­dern der Man­gel an Ver­trau­en in die­se. Früh­er ha­be der Pries­ter die al­lei­ni­ge Ver­ant­wor­tung ge­tra­gen, ein Heer aus frei­wil­li­gen Hel­fern ha­be ihn un­ter­stützt. Jetzt über­neh­men die Lai­en selbst die Ver­ant­wor­tung, be­g­lei­tet und un­ter­stützt durch den Pries­ter. Es hat ein Pa­ra­dig­men­wech­sel statt­ge­fun­den.

In Jaunay Clan, 15 Ki­lo­me­ter ent­fernt von Poi­tiers, trifft sich am Abend das Lai­en­team, die „Equi­pe lo­ca­le d’ani­ma­ti­on“ der ört­li­chen Ge­mein­de, mit dem Pries­ter An­d­ré Tal­bot, um sich zu be­ra­ten. Nach ei­ner me­di­ta­ti­ven Ein­stim­mung geht es in die Pla­nun­gen. Je­des Team­mit­g­lied ist mit ei­ner Auf­ga­be be­traut, et­wa „Ver­kün­di­gung des Glau­ben­s“, „Ca­ri­tas“, „Li­tur­gie“ oder „Fi­nan­zen“. Bri­git­te Bes­sac, Er­zie­he­rin und im Team zu­stän­dig für den Be­reich „Ge­bet und Li­tur­gie“, er­klärt: „Was Sie hier se­hen, ist der Kern. Et­wa 60 wei­te­re Per­so­nen un­ter­stüt­zen uns. Je­mand, der den Be­reich Ca­ri­tas über­nom­men hat, kann sich ja nicht al­lein um die Kran­ken­kom­mu­ni­on, die Ob­dach­lo­sen­spei­sung und die Be­su­che bei al­ten Men­schen küm­mern.“ Und auch der­je­ni­ge, der die Trau­er­be­g­lei­tung über­nimmt oder An­sp­rech­part­ner für jun­ge Paa­re ist, die hei­ra­ten wol­len, braucht Hil­fe. Er spricht Men­schen an, die er für ge­eig­net hält und schafft sich so ein Netz­werk.

„Es gibt vie­le, die wun­der­bar ein­fühl­sam mit an­de­ren um­ge­hen kön­nen“, hat Gisè­le Bul­teau be­o­b­ach­tet. Und sol­che, die klar und ziel­ge­rich­tet gro­ße Ver­samm­lun­gen lei­ten kön­nen, weil das in ih­rem Be­ruf­sall­tag an der Ta­ges­ord­nung ist. Wenn al­le ih­re Cha­ris­men ein­brin­gen, ist das ei­ne Be­rei­che­rung für die Ge­mein­de und für sie selbst. Das be­stä­tigt Do­mi­ni­que Le Coz vom Team in Jaunay Clan: „Die Kir­che hat mich in Kon­takt mit vie­len Men­schen ge­bracht. Ich ar­bei­te gern in der Equi­pe mit und be­kom­me von dort viel zu­rück. Die an­de­ren fra­gen mich: Wie geht es Dir? Das tut sehr gut!“

Je­der bringt sei­ne Ta­len­te ein

Das Team ei­ner ört­li­chen Ge­mein­de wird al­le drei Jah­re er­neu­ert, je­des Mit­g­lied kann nur ein­mal wie­der­ge­wählt wer­den. So wird ver­hin­dert, dass je­mand jah­re­lang an ei­nem Amt „kleb­t“, sich dau­er­haft mit ei­ner Auf­ga­be über­las­tet fühlt, sich lang­sam Lethar­gie im Lei­tungs­g­re­mi­um ein­sch­leicht oder Macht ver­fes­tigt. Steht die Er­neue­rung ei­nes Teams be­vor, über­le­gen al­le, wen sie an­sp­re­chen wol­len. „Ru­fen“ nen­nen sie das in Poi­tiers. Hier kan­di­diert nie­mand für ein Amt, hier wird er zu ei­nem Di­enst ge­ru­fen. Und er gibt Ant­wort. Ist sie po­si­tiv, folgt die Sen­dung. Als Zei­chen da­für, dass vie­le mit un­ter­schied­li­chen Ta­len­ten auf Grund­la­ge ih­rer Tau­fe an ei­ner le­ben­di­gen Ge­mein­de mit­ar­bei­ten, hal­ten die Mit­g­lie­der der Equi­pe bei ih­rer Ein­set­zung durch den Bi­schof ge­mein­sam mit ihm den Bi­schofs­stab.

„Es gibt nie­man­den, der un­nütz ist oder un­fähig, et­was bei­zu­tra­gen. Die Mis­si­on der Kir­che ge­schieht durch je­den und je­de“, sagt Bul­teau. Im Er­zis­tum Poi­tiers ist es über die Jah­re ge­lun­gen, mit den ört­li­chen Ge­mein­den auch sol­che Men­schen ein­zu­bin­den, die der Kir­che bis da­hin eher fern stan­den. Angst vor neu­en Auf­ga­ben brau­chen sie nicht zu ha­ben: Die ört­li­chen Ge­mein­den wer­den von Hauptamt­li­chen des Erz­bis­tums gut un­ter­stützt und In­ter­es­sier­te kön­nen an de­zen­tra­len theo­lo­gi­schen Fort­bil­dun­gen teil­neh­men. Und die Pries­ter? „Ich ha­be gu­te Er­fah­run­gen
mit den ört­li­chen Ge­mein­den ge­mach­t“, sagt An­d­ré Tal­bot. „Wir tei­len die Ver­ant­wor­tung, die gan­ze Last liegt nicht mehr al­lein auf den Schul­tern des Pries­ters. Ich ha­be wie­der mehr Zeit, auf die Be­dürf­nis­se der Men­schen zu hö­ren, ihr spi­ri­tu­el­les Le­ben zu be­g­lei­ten, Cha­ris­men auf­zu­spü­ren und zu för­dern.“
Übe­rall da, wo sa­kra­men­ta­le Hand­lun­gen voll­zo­gen wer­den, sind die Pries­ter da. Aber sie be­geg­nen den Men­schen auch schon auf dem Weg hin zum Sa­kra­ment und nicht erst bei der Tau­fe oder Hoch­zeit selbst. Das kirch­li­che Le­ben ist dank der ört­li­chen Ge­mein­den, die mit ih­ren An­sp­rech­part­nern di­rek­te Nähe ge­währ­leis­ten, wie­der viel prä­sen­ter im Le­ben der Men­schen im Erz­bis­tum Poi­tiers.

Men­schen tei­len ihr Le­ben

Na­tür­lich gibt es auch Pro­b­le­me: Übe­ral­te­rung der Teams, hin und wie­der die Schwie­rig­keit, neue Men­schen zu ru­fen, oder Pries­ter, die am tra­di­tio­nel­len Mo­dell der Pfar­rei fest­hal­ten und kei­ne ört­li­che Ge­mein­de dul­den aus Angst, Macht ab­zu­ge­ben und Ver­ant­wor­tung zu tei­len. „Ins­ge­s­amt aber“, so zieht Gisè­le Bul­teau ein Fa­zit nach knapp 20 Jah­ren Er­fah­rung mit den ört­li­chen Ge­mein­den, „ist es uns ge­lun­gen, Ge­mein­schaf­ten zu stif­ten, in de­nen Men­schen ihr Le­ben tei­len und ih­ren Glau­ben le­ben kön­nen. Das ist der Sinn von Kir­che.“


Von Eva-Ma­ria Wer­ner

Zu­rück zur Nach­rich­ten­über­sicht Ju­li/Au­gust 2014

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