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Flüchtlinge
Frauen aus Syrien als Zweitfrau verkauft
Mädchen und junge Frauen aus Syrien, die vor dem Bürgerkrieg in die Türkei und nach Ägypten geflohen sind, werden in eine Zwangsheirat mit Ausländern gedrängt. Die Brautschau unter Flüchtlingen entpuppt sich als Menschenhandel und manchmal als Prostitution.
In der Türkei leben rund 370.000 Männer mit zwei oder mehr Ehefrauen zusammen. Das hat eine Studie ergeben, die im Auftrag des türkischen Parlaments erstellt wurde. Jetzt berichten Menschenrechtsgruppen, dass Tausende weibliche Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien an türkische Männer als Zweitfrauen vermittelt werden. Weil die Vielehe gesetzlich verboten ist, werden Zweitehen nur religiös geschlossen, was die Frauen in Konfliktfällen oder nach dem Tod des Mannes rechtlos zurücklässt.
Ähnliches kann zur Zeit auch in Ägypten beobachtet werden. Auch dort werden syrische Mädchen, die vor dem Bürgerkrieg geflohen sind, als Zweitfrauen gehandelt. Die Not vieler Flüchtlinge ist so groß, dass deren Familien oftmals keinen anderen Weg sehen, als die eigenen Kinder mit Fremden zu verheiraten – gegen einen geringen Brautpreis. Der in Kairo lebende Bürgerrechtler Rasem al-Atassi spricht von umgerechnet 600 Euro Vermittlungsgebühr pro Heirat. Die meisten der 250.000 syrischen Flüchtlinge in Ägypten befinden sich in großer Bedrängnis: Nur 15.000 sind registriert, die anderen gelten als Illegale im Land, ohne Anspruch auf Papiere, Wohnung, Arbeit und soziale Absicherung. Wie freiwillig ist die Hochzeit einer jugendlichen Frau, wenn die Not der Familie so groß ist? Schon vor Monaten warnten die Vereinten Nationen, dass die meisten Syrerinnen nicht freiwillig heiraten.
Menschenrechtsgruppen sprechen von Menschenhandel und von Prostitution. Etwas anders sieht die Situation für die syrischen Flüchtlinge in der Türkei aus. Staat und Gesellschaft erkennen nach vier Jahren Syrien-Krieg und Flüchtlingszuwachs an, dass das Zusammenleben mit 1,6 Millionen Neuankömmlingen dauerhaft gestaltet werden muss. Die Syrer haben nun ein Aufenthaltsrecht in der Türkei, können eigene Personalausweise beantragen und einer Arbeit nachgehen. In den staatlichen Krankenhäusern werden Syrer kostenlos behandelt. Schwierig stellt sich der Schutz der Kinder und Frauen dar: Für syrische Mädchen wird als Zweitfrau ein Brautpreis von 3500 Euro gezahlt.
Von Jobst Rüthers
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