Eremiten heute
Pater Wolfgang Götz - Ordenseremit
„Radikal für Gott da sein“
Kein Eigenbrödler: Pater Wolfgang Götz, 65. © KNA
„Ich hatte schon als Schüler die Idee, in Richtung Einsiedlertum etwas zu machen“, erklärt Pater Wolfgang Götz den Ursprung seiner Berufung. Während eines Landschulheimaufenthalts in der Eifel, hatte die Teilnahme an einer Gebetshore im Kloster Maria Laach einen bleibenden Eindruck bei ihm hinterlassen. Es folgte die aktive Suche nach Möglichkeiten, innerhalb der Kirche eremitisch leben zu können. Pater Götz besuchte Einsiedlerorden und kontemplative Kongregationen, bevor er sich schließlich für die Schönstatt-Patres entschied.
„Meine Hauptmotivation war es immer, etwas zu tun, das ein Zeugnis für Gott ist“, erläutert Götz. „Ich will mit einer gewissen Radikalität für Gott da sein, im Unterschied zu anderen Ordensleuten, die zum Beispiel in der Mission, an Schulen oder in der Krankenpflege arbeiten. Das sind Tätigkeiten, denen man auch ohne religiöse Motivation nachgehen kann. Ich wollte etwas machen, wo es praktisch keine Ausrede gibt. Das Gebet ist ja eine Kraft, die Wirkung und Ausstrahlung hat – für andere, für die Kirche und für die Welt.“
Seit 1988 lebt der heute 65-Jährige in einer im Wald verborgenen Einsiedelei auf dem Schönstatt-Gelände in Vallendar. Sein Tag beginnt mit der Vigil um fünf Uhr morgens und endet mit dem Komplet um 20 Uhr. „Das Brevier ist das Rückgrat des geistlichen Lebens“, sagt er. „Man betet alle Zeit, sodass man idealerweise immer mit Gott in Verbindung steht.“ Er räumt jedoch ein, dass dies nicht immer gehe. „Wichtig ist, dass man es immer wieder versucht und Gott das schenkt, was man gerade tut. Das muss immer wieder bewusst vollzogen werden.“
Körperliche Arbeit ist ebenfalls ein wichtiger Bestandteil des Alltags des Eremiten und ein Ausgleich zu seinem intensiven Gebetsleben. Pater Götz arbeitet im Wald, fällt Bäume, macht Holz für den Winter und kümmert sich um mehrere Bienenstöcke, welche die Patres mit Honig versorgen.
„Es kommt in unserem Leben nicht nur auf die äußerlichen Aktivitäten an“, bekräftigt der Schönstattpater. „Das Zentrale ist der innere Zugang zu Gott, der wirkt, alles umfasst und trägt. Eremiten leben dieses Element der Kirche in einem gewissen Extrem und in der Einseitigkeit, damit es nicht verlorengeht.“ Seit einiger Zeit beobachtet er eine größere Offenheit der Menschen für das Religiöse. Zudem sehnten sich viele Menschen verstärkt nach der Stille, um dem Druck des Alltags auszuweichen. „Dass die Einsamkeit auch eine Art Druck ausüben kann, sehen sie jedoch nicht“, kommentiert er diese Entwicklung. „Ohne religiöse Einstellung ist es sehr schwierig das auszuhalten.“ Die ständige Konfrontation mit sich selbst betrachtet Pater Götz ebenfalls als eine der Herausforderungen des eremitischen Daseins. „Man muss sich praktisch immer wieder aufs Neue die Sinnfrage stellen: Für was bin ich eigentlich da? Was ist der Sinn meines Lebens? Ich bin ja in keinster Weise produktiv. Das Gebetsleben spielt sich in einem Bereich ab, der nicht greifbar, nicht sichtbar ist. Deshalb ist immer wieder eine ganz starke Rückführung auf den eigentlichen Kern, auf Gott nötig, verbunden mit der Frage: Ist mein Leben wirklich ein gottverbundenes Leben?“
Als problematisch betrachtet der Einsiedler die Kommunikationsflut der heutigen Zeit: „Die übernatürliche Wirklichkeit verschwindet zusehends aus dem Gesichtsfeld, weil die vielen Kommunikationsmittel konkret die Innerlichkeit und Persönlichkeit der Menschen zudecken. Wir müssen uns fragen: Führt diese Kommunikation zu einer tieferen Kommunikation? Man läuft Gefahr die eigentlichen und tieferliegenden Dinge nicht mehr zu sehen. Wichig ist, dass man den Glauben als Instanz hat, die Orientierung, Sicherheit und Festigkeit gibt.“
Rolf Zech - Laieneremit
„Der Glaube ist kein eitel Sonnenschein“
Laieneremit Rolf Zech
Ordensleuten und Laien bieten die Schönstatt-Patres die Möglichkeit, sich auf Zeit in ihre Gästeeinsiedelei auf dem Schönstatt-Gelände in Vallendar zurückzuziehen und am Gebetsleben der Patres teilzunehmen. Dieses Angebot nutzte Rolf Zech, Schiffbaudiplomingenieur aus Bremerhaven. Sein Weg zum Glauben war kein leichter gewesen. „Ich bin atheistisch, wenn nicht kirchenfeindlich aufgewachsen“, erinnert er sich. Schwäche galt in der Familie als Makel. Nur der Erfolg zählte. Es folgte eine steile Karriere und mit Mitte 40 der erste Herzschrittmacher. Seine Ehe zerbrach. Eine schmerzliche Erfahrung, unter der besonders die gemeinsame Tochter litt.
Doch Rolf Zechs Ehrgeiz blieb ungebrochen und sein Gesundheitszustand verschlechterte sich zusehends, bis hin zur Ar- beitsunfähigkeit. Eine tiefe Depression war die Folge. „Wenn die Wertmaßstäbe nur in der Leistung liegen, dann ist das tödlich”, zieht er Bilanz. Zufällig stieß er auf eine Anzeige der Theologischen Hochschule Vallendar, die seine Neugier weckte: „Altes loslassen, Neues wagen“. Der Glaubenskurs, der sich hinter diesem Titel verbarg, motivierte ihn, sich intensiv mit dem christlichen Glauben und der Heiligen Schrift auseinanderzusetzen. „Dein Leben wird ja in der Bibel erklärt“, erkannte er überrascht.
In der Einsiedelei fand der heute 67-Jährige Ruhe und Besinnung, las christliche Literatur verfasste eigene geistliche Schriften und betete. „In der Stille, denkt man über die Schöpfung nach, bekommt Impulse, auch in der Glaubensfeste“, beschreibt er seine Erfahrung. „Ich habe jetzt eine Ausrichtung auf Jesus Christus, habe erkannt, ich darf schwach sein, was eine große Befreiung für mich bedeutete.“ Systematisch klopfte Zech die wesentlichen Aspekte und Grundlagen des katholischen und evangelischen Glaubens ab und legte eine Tabelle an, um die beiden Konfessionen besser miteinander vergleichen zu können. Als er sich nach langer Suche und gründlicher Prüfung entschied, der katholischen Kirche beizutreten, reagierten seine Familie und Arbeitskollegen mit Unverständnis, brachen zeitweise sogar den Kontakt zu ihm ab. Doch unbeirrt folgte er seinem Weg.
Sein lebensbedrohlicher Gesundheitszustand zwang Rolf Zech schließlich, die Einsiedelei im April 2011 nach sieben Jahren zu verlassen. Aber auch im Seniorenheim, einem ehemaligen Kloster, führt er sein eremitisches Gebetsleben konsequent weiter. „Die Liturgie und die Zurückgezogenheit habe ich hier bei den Dernbacher Schwestern auch.“ Die Bibel, der Katechismus und ein Buch der Nachfolge Christi sind dem ehemaligen Prüfer des Bundesrechnungshofes ständige Begleiter und „Leitplanken auf der Spur zu Gott“. Er gibt jedoch zu bedenken: „Der Glaube ist kein eitel Sonnenschein. Er ist mit Kampf verbunden. Es gibt immer wieder Trockenzeiten, die überwunden werden müssen, die letztlich aber zu einem segensreichen Ziel führen.“
Von Marion Weißkirchen
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