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Das ärgert mich
Die scheinbare Betroffenheit
Terror, Naturkatastrophen, Unfälle – schlechte Nachrichten gehören zu unserem Alltag. Solange die Schreckensmeldungen aus fernen Ländern kommen, können wir sie leichter verdrängen – ein Reflex zum Schutz unserer Psyche.
Doch plötzlich häufen sich solche Geschehnisse auch in unserem eigenen Land. Das Attentat in Berlin, die Silvestervorfälle in Köln, ein Amoklauf in München. Und auf einmal ist sie wieder da: die „Betroffenheit“ – vor allem in den sozialen Netzwerken. Warum? Ich selbst hätte das Opfer sein können! Ich stehe im Mittelpunkt meiner Betroffenheit. Diesen Anschein erwecken zumindest die Kommentare auf Facebook, Twitter und Co. kurz nach den geschilderten Ereignissen. Aussagen wie „oh Gott, ich war erst vor zwei Tagen in München“ oder „zum Glück haben wir uns dagegen entschieden, Silvester in Köln zu feiern“ kursieren schon Minuten nach der Schreckensnachricht im Internet.
Ja, auch ich ertappe mich bei ähnlichen Gedanken. Wir scheinen in dieser Hinsicht egozentriert zu sein. Aber: Wo bleiben die Opfer? Was ist mit ihren Angehörigen? Und was ist mit den Menschen, die Tag für Tag in den ärmsten Ländern der Welt verhungern? Oder mit denen, die in Kriegsgebieten um das Überleben kämpfen und nicht fliehen können? Solche Fragen finden sich nicht in den Kommentaren. Das kann ich nicht nachvollziehen. Ja, wenn die Katastrophen, der Terror näher kommen, schrecken wir auf. Denn wir sind machtlos. Aber unsere Reaktionen haben wir immer noch selbst in der Hand.
Von Melanie Pies
Zurück zur Nachrichtenübersicht März/April 2017 |