Der 23-jährige Mohammed Sheriff aus Liberia wartet in einem Transitzentrum der Internationalen Organisation für Migration (IOM) in Agadez (Niger) auf seine Rückführung nach Liberia. Foto: Palitza/dpa |
|
EU-Abkommen fördert Schlepper
Etwa 300 000 Flüchtlinge sind zwischen Februar und Juni 2016 laut Schätzungen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) durch Agadez im Niger gekommen. Am südlichen Rand der Sahara ist die Wüstenstadt Dreh- und Angelpunkt für Menschen, die über Algerien und Libyen nach Europa wollen. Seit dem 14. Jahrhundert ist sie traditioneller Handelsplatz der Tuareg-Nomaden. Was früher normal war, ist heute verboten: Die Europäische Union (EU) handelte nach den Flüchtlingszahlen 2015 mit Ländern im zentralen Afrika Abkommen aus, auch mit dem Niger. Das Ziel: Fluchtursachen bekämpfen.
Seit Mitte 2016 sind Transporte von Menschen über die nigrischen Staatsgrenzen verboten, es wurden Transitzentren errichtet, in die abgeschobene Flüchtlinge aus Europa rückgeführt werden. Bis zu einer Milliarde Euro bekommen die Schlüsselländer der Sahelzone zwischen 2017 und 2020, um Fluchtursachen zu bekämpfen, das Militär wurde mit 40 Millionen Euro aufgestockt. Es kontrolliert Fahrzeuge an den Grenzen und vor allem auf den alten, relativ sicheren Handelsrouten durch die Wüste.
Die Rechnung scheint aufzugehen: 2017 erreichten weitaus weniger Flüchtlinge europäisches Festland. Aber die Schließung der Grenzen verlagert das Problem nur. Viele der 120 000 Einwohner von Agadez sind seitdem arbeitslos, denn sie waren Reiseunternehmer oder indirekt im Tourismus tätig. Die Abkommen machen sie zu Kriminellen. Um in der wirtschaftsschwachen Wüstenstadt zu überleben, haben viele ihr Geschäft in den Untergrund verlegt: Flüchtlinge warten in versteckten Hinterhöfen der Schlepper, bis sich eine Transportgelegenheit ergibt. Die Pickups fahren nun nachts, es existieren keinerlei Dokumente über die Reisenden, die Konvois weichen auf alternative Routen von Drogen- und Waffenschmugglern aus. Wie viele Menschen in der Wüste sterben, weiß niemand.
Von Lena Monshausen
Zurück zur Nachrichtenübersicht |