Foto: Cortellessa/picture alliance/ZUMA Press |
|
Brennpunkt
Kamerun droht ein Bürgerkrieg
Die Krise um den anglofonen Teil Kameruns droht sich zu einem Bürgerkrieg auszuweiten. Seit 2016 verschärft sich der Konflikt zwischen englischsprachiger Minderheit und französischsprachiger Mehrheit immer mehr. Auf friedliche Protestmärsche für ein eigenes Rechtssystem und englischsprachigen Unterricht der Minderheit im Nordwesten des Landes reagierte die Regierung mit Gewalt. Mindestens zwei Protestierende wurden erschossen. Aufständische organisierten Schulboykotts in den englischsprachigen Provinzen, die Regierung schaltete daraufhin für 92 Tage das Internet ab. Im Vorfeld der im Oktober 2018 anstehenden Wahlen nimmt die Gewaltbereitschaft stetig zu. Radikale Regierungsgegner und staatliche Sicherheitskräfte bekämpfen sich immer häufiger mit Waffen auf offener Straße. Laut den Vereinten Nationen sind mehr als 160 000 Menschen auf der Flucht im eigenen Land, mehr als 30 000 sind ins benachbarte Nigeria geflohen.
Auch die katholische Kirche, der knapp 40 Prozent aller Kameruner angehören, ist gespalten. Der Riss der Gesellschaft zieht sich durch die kamerunische Bischofskonferenz: Streitpunkte unter den Bischöfen sind unter anderem ein föderales oder ein dezentrales Regierungssystem sowie ein mehrsprachiges Bildungssystem. Die interne Spaltung verhindert es, dass die Kirche als Vermittlerin zwischen den Konfliktparteien auftritt.
Der Ursprung des Konfliktes liegt in der Kolonialgeschichte des Landes. 1960 und 1961 wurden beide Landesteile von den Kolonialmächten Frankreich und Großbritannien in die Unabhängigkeit entlassen, der Zusammenschluss zur Republik Kamerun war damals schon ein Kompromiss. Seitdem schwelt der Konflikt um ein föderales Kamerun in der Gesellschaft. Er verschärfte sich, als der Zentralstaat 1984 durch den bis heute amtierenden Präsidenten Paul Biya eingeführt wurde. Biya wird auch in den kommenden Präsidentschaftswahlen im Oktober wieder antreten.
Von Lena Monshausen
Interview aus Kamerun "Wir leben in der Hölle"
Zurück zur Nachrichtenübersichtsseite |