Unterwegs in ... Afrika
Zwei Wochen besucht kontinente-Redakteurin Beatrix Gramlich gemeinsam mit Fotograf Hartmut Schwarzbach den Niger und die Elfenbeinküste.
Text: Beatrix Gramlich; Fotos: Hartmut Schwarzbach
Niger – Heute keine Flughunde
5. Februar 2019
Die Kennedy-Brücke über den Niger in Niamey.
Es dämmert bereits, als wir unsere Unterkunft in Niamey, der Hauptstadt des Niger, erreichen. Das „Grand Hotel“ hat schon bessere Zeiten gesehen. Von den Türen blättert der Lack, die Möbel sind abgestoßen, aus der Dusche fließt nur kaltes Wasser. Aber der Blick aus dem Fenster in grandios: Vor uns wälzt sich träge der Niger gen Süden –der Fluss, der dem Land den Namen gab, es aber nur im äußersten Südwesten durchquert. Die von den USA finanzierte Kennedy-Brücke war die erste Brücke im Niger, die den riesigen Strom überspannt. Mit Sonnenuntergang, heißt es, sollen hier am Wasser scharenweise Flughunde– eine bis zu 1,1 Kilo schwere Fledermausart – auftauchen und aus dem Flug trinken. Dieses Spektakel jedoch bleibt uns leider verwehrt.
Niger – Am Tor zur Sahara
6. Februar 2019
Die Moschee von Agadez.
Niger Airlines hat den Flugplan kurzfristig geändert. Es gibt zwei unerwartete Zwischenlandungen, und wir kommen mit zwei Stunden Verspätung in Agadez an. Die alte Wüstenstadt mit ihrer typischen Lehmarchitektur ist das Tor zu Sahara und war schon im 14. Jahrhundert Treffpunkt für Händler aus Ländern im Norden und Süden. Wahrzeichen ist die große Moschee aus dem 15. Jahrhundert. Die Sahara beginnt nur wenige Kilometer hinter den letzten Häusern. Auf ihrem Weg nach Europa zahlen Migranten Schleppern horrende Summen, um sie zu durchqueren. Agadez ist die letzte Station vor der gefährlichen Passage. Viele Migranten sitzen hier monatelang fest. Wir treffen sie – zusammen mit Pater Maxime Pascal und Ahmed Bagouche, einem Mitarbeiter der Caritas.
Im Ghetto
7. Februar 2019
Beatrix Gramlich im Gespräch mit den Flüchtlingen.
Fast alle Migranten in Agadez leben in „Ghettos“: So nennen die Einheimischen die Unterkünfte, in denen die Flüchtlinge oft monatelang festsitzen, bis sie genügend Geld für die Fahrt durch die Sahara beisammen haben. Pater Maxime Pascal und Ahmed Bagouche von der Caritas begleiten uns in ein Ghetto, das nicht mehr ist als ein Lehmbau mit zwei nackten Zimmern und ummauertem Hof. 35 Menschen leben hier – verzweifelte junge Männer aus Liberia, Mali, Sierra Leone, Nigeria, Ghana. Die Flucht nach Europa ist der Strohhalm, an den sie sich klammern. Viele haben es schon einmal versucht, sind in der Wüste überfallen, eingesperrt und gefoltert worden und schließlich nach Agadez zurückgekehrt. Hier finden sie keine Arbeit, wissen nicht, wie sie nächste die Miete bezahlen sollen, aber trauen sich auch nicht, mit leeren Händen in ihre Heimat zu gehen. Kirche und Caritas helfen ihnen mit Decken, Matratzen, Lebensmitteln. Vor allem aber sind Pater Maxime und Ahmed Bargouche da und hören zu. „Sie nennen mich alle Baba, Papa,“, sagt Bargouche.
Brandanschlag auf die Missionsstation
8. Februar
Die Kirche in Zinder ist immer noch rußgeschwärzt.
Auf dem Weg nach Maradi, wo wir eine Reportage über christlich-muslimischen Dialog recherchieren wollen, machen wir Halt bei den Weissen Vätern in Zinder. Vor vier Jahren, am 16. Januar 2015, hat ein Mob aufgebrachter Muslime ihre Missionsstation in Brand gesetzt und verwüstet. Auslöser waren die Mohammed-Karrikaturen in Charly Hebdo. Das Pfarrhaus ist mittlerweile renoviert, aber Kirche, Kindergarten, Schule, die Räume für Alphabetisierungs- und Nähkurse für Frauen sind noch immer rußgeschwärzt, das Inventar gestohlen oder verkohlt. „Wir fangen wieder bei Null an“, sagt Pater Serge Kabsakila.