Das Verfassungsrecht hat es der promovierten Juristin und Missions-Benediktinerin Schwester Hanna Sattler besonders angetan: „Von Beginn meines Jurastudiums an war ich begeistert davon, was uns das Grundgesetz an Freiheiten, an Rechten, an einem Rahmen für die Gesellschaftsordnung bietet.“ Deshalb musste sie nicht lange überlegen, als sie von der geplanten Ausstellung des Vereins „gemeinsam.demokratisch.bunt“ erfuhr. Er hatte Künstler, Einrichtungen und Bürgerinnen dazu aufgerufen, ihre Beiträge zum Thema „Das Grundgesetz und ich“ einzureichen. „Da mache ich mit“, stand für die Ordensfrau schnell fest. „In meinem Kopf sprudelten die Ideen.“

Demokratie und Ordensleben

Ordensleute zeichnen sich nicht nur durch ihr spirituelles Leben aus. Ihr Alltag hat auch eine politische Dimension: Indem die Missions-Benediktinerinnen etwa einen Teil ihres Grundstücks in Tutzing für den Bau einer Unterkunft für geflüchtete Menschen zur Verfügung stellen, Geflüchteten Deutschunterricht erteilen, regionale, saisonale und faire Produkte kaufen, auf Demonstrationen gegen Rechtsextremismus die Stimme erheben und offen sind für den Dialog mit anderen Religionen, leisten sie einen Beitrag für die Gesellschaft und stärken die Demokratie. „Wir machen schon viel, was uns vielleicht gar nicht immer bewusst ist“, sagt Schwester Hanna. Sie hat sich die einzelnen Artikel des Grundgesetzes vorgenommen und parallel dazu in die Konstitutionen (Regeln) ihres Ordens geschaut. Darin fand sie viele Hinweise darauf, wie die Benediktinerinnen demokratische Elemente in ihrem Ordensleben umsetzen. „Die Schwestern in Leitungsämtern werden bei uns zum Beispiel demokratisch gewählt und üben ihr Amt zeitlich begrenzt aus. Und wichtige Dinge kann unsere Priorin nicht alleine entscheiden. Sie braucht dazu die Zustimmung ihrer Beratungsgremien oder sogar der gesamten Gemeinschaft.“

Wer jetzt schläft, wacht in der Diktatur auf

Aus Schwester Hannas Recherche ist eine bunte Collage entstanden, die Grundgesetzartikel mit dem Leben und Engagement der Benediktinerinnen in Verbindung bringt (Foto links). Bei der Ausstellungseröffnung im Foyer der Starnberger Schlossberghalle kam sie darüber mit vielen Besuchern ins Gespräch. „Gerade Menschen, die wenig über Kirche und das Ordensleben wissen, zeigten sich beeindruckt, wie wir arbeiten und die Grundrechte leben“, sagt Schwester Hanna.

Künstlerinnen, Kindergartenkinder, Altenheimbewohner und  kreative  Bürger haben sich an der Ausstellung beteiligt. Organisatorin Christiane Krinner vom Verein „gemeinsam.demokratisch.bunt“ freute sich über die vielfältigen Beiträge: Plakate, Fotos, Collagen, eine Videoinstallation, eine Mitmach- aktion und künstlerische Werke. Sie fragte bei der Eröffnungsveranstaltung kritisch: „Ist uns bewusst, was wir verlieren können?“ Und schob mahnende Worte nach: „Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf.“ Sehr anschaulich forderte eine Installation zur Wachsamkeit auf: ein Bilderrahmen, darunter ein großer, brauner Papierkorb. Und dazu die Sätze: „Artikel eins und 20 des Grundgesetzes sind unveränderbar. Jede Bewegung, die sich dagegen stellt, gehört in die braune Tonne und muss ohne Rückstände entsorgt werden.“ Schwester Hanna findet es gut, dass nun auch vermehrt in der Kirche diskutiert wird, wer in Gremien wie Pfarrgemeinderäten Mitglied sein darf und wer aufgrund seiner politischen Aktivitäten dort nicht mehr tragbar ist. Primär aber müsse es darum gehen, miteinander im Gespräch zu bleiben und Menschen vom Wert der Verfassung zu überzeugen.

Die Demokratie ist in Gefahr

Die Benediktinerin sieht die Demokratie in Deutschland in Gefahr. „Dass unsere Gesellschaft einmal so verroht, dass es zum Beispiel gefährlich geworden ist, als Polizistin oder Rettungssanitäter unterwegs zu sein, damit habe ich nicht gerechnet“, sagt sie. Vor dem Hintergrund sei die Ausstellung zum Grundgesetz eine Ermutigung gewesen, wach zu bleiben. Nach deren Ende überlegt Schwester Hanna, wo zukünftig ein guter Platz für ihre Collage sein könnte – im Bereich der Klosterpforte oder im Gästehaus? Auf jeden Fall an einem Ort, wo es Publikum gibt und Menschen sich austauschen. Text: Eva-Maria Werner

Infos zur Ausstellung